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Der Siegeszug der chinesischen Währung

 

Kaum vorstellbar, aber es gab tatsächlich mal Zeiten, da wollte man sich den Yuan (auch Renminbi genannt) nicht einmal ins Portemonnaie stecken. Die Geldscheine waren schmutzig und oft auch zerfleddert. Zu kaufen gab es in China mit dieser Währung ohnehin nur heimische Waren – zumeist minderwertige Konsumartikel oder Lebensmittel. Für Waren aus dem Ausland musste man in der Volksrepublik in einer separaten chinesischen Währung bezahlen, dem Foreign Exchange Certificate (FEC). Diese Währung war jedoch nur Privilegierten und Ausländern vorbehalten.

Der FEC wurde 1994 abgeschafft. Die Yuan-Scheine sind nun aus besserem Papier. Und kaufen lässt sich mit diesem Geld in China so ziemlich alles, was das Konsumherz begehrt. Nur international vollständig konvertierbar – das ist die chinesische Währung bis heute nicht. Das soll sich nun ändern. Und damit nicht genug: Schon bald könnte der Yuan zu einer der weltweit begehrtesten Währungen überhaupt werden.

Immer mehr Länder und internationale Unternehmen schließen mit der Volksrepublik Verträge ab, die es ihnen erlauben, ihren Handel direkt in der chinesischen Währung abzuwickeln. Zuletzt hat China ein entsprechendes Abkommen mit Südkorea vereinbart, der siebtgrößten Volkswirtschaft der Welt. Mit Japan und rund einem Dutzend weiterer Staaten gibt es bereits ähnliche Abkommen.

Koreanische Unternehmer können nun ihre Waren aus China direkt in Yuan bezahlen. Bislang war es nämlich so, dass die beiden Länder beim Handel den umständlichen Weg über den US-Dollar gehen mussten und die Handelspartner zweimal Geld umtauschen mussten: Von Yuan in Dollar, vom Dollar in den koreanischen Won und umgekehrt. Das kostete sie nicht nur Gebühren. Sie waren auch im doppelten Sinn Währungsschwankungen ausgesetzt. Und das wiederum führte häufig zu erheblichen Preisschwankungen. Südkoreanische Unternehmer in China gehen davon aus, dass der Preisvorteil nun durch den direkten Handel in Yuan zwischen fünf und zehn Prozent beträgt.

Mit Südkorea im Boot hat China damit einen weiteren großen Schritt zur Internationalisierung seiner Währung insgesamt vollzogen. Wurden noch vor zwei Jahren gerade einmal zwei Prozent des chinesischen Außenhandels in Yuan betrieben, liegt dieser Wert nach Angaben von chinesischen Ökonomen inzwischen bei elf Prozent.

Interessant ist auch folgende Entwicklung: Immer mehr internationalen Firmen wird an speziell von der chinesischen Regierung ausgewählten Off-Shore-Zentren gestattet, Yuan-Konten zu eröffnen. Seit nun fast zwei Jahren vergibt die chinesische Regierung etwa über ihre Sonderwirtschaftszone Hongkong Yuan-Anleihen an ausländische Investoren, sogenannte Dim-Sum-Bonds. Sie sind nach einer kulinarischen Spezialität in der ehemaligen britischen Kolonie benannt. Diese Bonds haben sich binnen kurzer Zeit zu dem am schnellsten wachsenden Schuldpapiersegment der Welt entwickelt. Singapur hat dieses Privileg ebenfalls erhalten. London will sich zum ersten Off-Shore-Zentrum in Europa für die chinesische Währung entwickeln. Und auch der Finananzplatz Frankfurt/Main bemüht sich um dieses Geschäft.

Auch die Deutsche Bank mischt schon kräftig mit. Nach Angaben des Handelsblatt hat sich Deutschlands größtes Kreditinstitut zu einem wichtigen Dienstleister in diesem Geschäft entwickelt. Die Nutzung von Yuan im Handel soll allein im ersten Halbjahr um 42 Prozent gestiegen sein. Und im kommenden Jahr soll das Volumen der Yuan-Abwicklung bei gar über vier Billionen Yuan (500 Milliarden Euro) liegen. Die Finanzindustrie hat die Zeichen der Zeit also längst erkannt.

Schon mehren sich die Stimmen, der Yuan könnte den Dollar als bislang größte Reservewährung schon bald vom Thron stoßen. Tatsächlich ist China bereits größte Exportnation der Welt, zweitgrößte Volkswirtschaft und das Land mit den höchsten Devisenreserven. Und während westliche Staaten zwischen 80 bis 100 Prozent, Japan sogar mit über 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschuldet sind, liegen die Staatsschulden Chinas seit Jahren stabil bei um die 20 Prozent. Deutsche Bank-Chef Jürgen Fidschen prophezeite kürzlich auf dem China-Summit in Hamburg, dass der Yuan innerhalb der nächsten zehn Jahren zu einer Weltreservewährung aufsteigen werde.

Aktuell belegt der Yuan in den Statistiken zum globalen Zahlungsverkehr zwar derzeit erst noch Platz 16. Doch er hat immerhin um vier Positionen aufgeholt – und zwar in weniger als zwölf Monaten.