In China sind in den vergangenen Jahren viele Bürger reich geworden. Doch die Volksrepublik leidet zunehmend darunter, dass das Geld nicht im Land bleibt – trotz strenger Kapitalkontrollen.
Aus dem jüngsten Private Wealth Report geht hervor, dass allein 2011 fast jeder dritte Chinese mit einem Vermögen von mehr als 100 Millionen Yuan (15,9 Millionen Euro) ausgewandert ist und sein Vermögen ins Ausland geschafft hat. Weitere 47 Prozent dieser Superreichen gedenken, es ihnen gleich zu tun.
Eine Studie des Beijing Institute of Technology kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Demzufolge haben 150.000 reiche oder hochqualifizierte Chinesen im vergangenen Jahr eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung im Ausland erworben. Die meisten sind in die USA, nach Kanada oder Australien ausgewandert.
Auch die Gründe der Auswanderer klingen ähnlich: 58 Prozent von ihnen gaben an, dass sie ihren Kindern eine bessere Ausbildung verschaffen wollen. Immerhin 43 Prozent sagten, dass sie ihr Vermögen in Sicherheit bringen wollen. Dem chinesischen Rechtssystem und den Verhältnissen insgesamt sei nicht zu trauen. Die vielen Korruptionsskandale bis hinauf in die Staatsspitze bestätigen sie in ihrer Entscheidung.
Dass eine solche Entwicklung auf Dauer nicht gut für ein Land ist, weiß die neue Führung um das im November ernannte Staatsoberhaupt Xi Jinping. Die Kapitalflucht hat nicht nur zur Folge, dass der Volksrepublik die eigenen Privatinvestoren und eine wichtige Konsumentengruppe verloren gehen. Auch die gesellschaftliche Modernisierung bleibt auf der Strecke, wenn all jene das Land mit ihren Angehörigen verlassen wollen, sobald sie es sich finanziell leisten können.
Chinas neue Staatsführung verspricht, die mangelnde Rechtssicherheit und die ausufernde Korruption mit aller Härte zu bekämpfen. Nur wenige Tage im Amt, hat Xi bereits mehrere Richtlinien erlassen, die den ausufernden Pomp vor allem unter Partei- und Regierungsfunktionären stoppen soll.
Ranghohe Militärs und Politiker sollen bei offiziellen Empfängen auf Luxuslimousinen, rote Teppiche und Schnäpse verzichten. Prompt sank der Kurs der Aktie des größten Schnapsherstellers im Land. Auch „inhaltsloses Gerede“ soll reduziert werden, ebenso unnötige Reisen ins Ausland und der Gebrauch von Sirenen bei offiziellen Besuchen. Das alles sind nur erste symbolische Schritte, wie Chinas neuer Machthaber betont. Tatsächlich hat es seit Xis Amtsantritt bereits eine Reihe von spektakulären Verhaftungen ranghoher Funktionäre gegeben, die der Selbstbereicherung überführt wurden.
Zunächst einmal dürfte jedoch Xis angekündigte Korruptionsbekämpfung die Kapitalflucht beschleunigen. Das chinesische Finanzunternehmen Huatai Securities hat berechnet, dass allein im November chinesisches Kapital in Höhe von 41,2 Milliarden Dollar ins Ausland geflossen ist – Rekord in diesem Jahr. Es liegt nahe, dass darunter auch einige Beamte sind, die sich vor den neuen Regeln fürchten.