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Chinas Spritspar-Revolution

 

In Deutschland waren extrem sparsame Autos bislang wenig gefragt – man denke nur an den Flop mit dem 3-Liter-Lupo von VW. Die Sparmodelle wurden von der SUV-Mode überrollt.

Auch die Chinesen fahren eigentlich gern dicke Autos. Doch die Führung in Peking hat den Trend zum Spritschlucker als Problem erkannt und will nun mit mehr oder weniger sanftem Druck die Einführung kleiner, Kraftstoff sparender Wagen durchsetzen. Die Wachstumsnation in Fernost könnte Deutschland also demnächst in umweltfreundlicher Mobilität überholen.

Der Grund für das neue Öko-Bewusstsein: ein Winter mit Dauersmog und rekordhohen Feinstaubwerten. Darum hat Chinas Regierung vergangene Woche beschlossen, den Benzinverbrauch von Autos deutlich zu drosseln. Bereits bis 2015 soll der Durchschnittsverbrauch auf 6,9 Liter je 100 Kilometer gesenkt werden, bis 2020 dann auf nur noch fünf Liter.

Ein Baustein ist die Förderung kleinerer Autos mit geringerem Hubraum. Doch das Ziel ist nur erreichbar, wenn die Autobauer auch konsequent auf neue Techniken setzen, etwa Leichtbauweise oder Hybridmotoren, die sowohl Strom aus Batterien als auch Benzin nutzen. „Das wird hart für jeden, besonders für die kleinen Hersteller, weil sie sparsamere Motoren verwenden müssen“, wird Yale Zhang, zuständig für den chinesischen Automarkt bei der Beratungsfirma CSM Worldwide, von Reuters zitiert.

Besonders für die Volksrepublik ist diese Regelung in der Tat ein sehr ehrgeiziges Ziel. Jüngsten Daten zufolge liegt der Durchschnittsverbrauch bislang noch bei rund acht Litern je 100 Kilometer – und damit sogar höher als in der Automobilnation Deutschland. Dort benötigen Autos im Schnitt derzeit auf 100 Kilometer rund 7,5 Liter. Die Vorliebe der Chinesen für dicke Autos hat konkrete Gründe: Chinas Mittelschicht ist erst vor einigen Jahren zu so viel Vermögen gekommen, dass sie sich eigene Autos leisten kann. Viele dieser Erstkäufer denken sich: Wenn schon ein Auto, dann muss es auch ein großes sein. Porsche Cayenne, VW Phaeton sowie SUV von Daimler, GM, Nissan und BMW sind in China Verkaufsschlager. Kleinfahrzeuge werden bei den Chinesen sehr viel weniger nachgefragt.

Der jüngste Vorstoß der Regierung könnte den Trend umkehren. Das wiederum könnte der deutschen Autoindustrie in die Hände spielen: „Wir sind zuversichtlich, die finalen Verbrauchs- und CO2-Ziele in China zu erfüllen“, zeigt sich ein Daimler-Sprecher auf ZEIT-ONLINE-Anfrage zuversichtlich. So entwickelt Daimler in einem Joint Venture mit dem chinesischen Autobauer BYD (Build Your Dreams) ein Elektro-Auto namens Denza. Bereits im ersten Halbjahr 2014 soll es auf den Markt kommen.

Volkswagen will eigenen Angaben zufolge ohnehin bis 2018 zum „ökologisch nachhaltigsten Autohersteller der Welt“ werden. Bis 2020 soll der CO2 -Ausstoß der gesamten europäischen Neuwagenflotte auf 95 Gramm pro Kilometer sinken – damit würde VW den von der EU vorgegebenen Grenzwert erfüllen. Er entspreche weniger als vier Litern Verbrauch, erläutert ein Sprecher. Selbstverständlich würden diese Umweltziele dann auch für China gelten, versichert er.

Die chinesische Regierung scheint einer Selbstverpflichtung der Autokonzerne aber nicht so recht zu trauen. Auch vor diesem Winter mit wochenlangem Smog über weiten Teilen Chinas tobte in Peking eine heftige Debatte, wie strengere Regeln für den Benzinverbrauch eingeführt werden könnten. Die massive Umweltverschmutzung hat die Führung inzwischen aber so sehr unter Druck gesetzt, dass sich der neue Ministerpräsident Li Keqiang in Zugzwang sieht und nun härtere Regeln gegen die Verschmutzung festlegt.

Auch was die Durchsetzung von Elektroautos betrifft, könnte China schneller zum Ziel kommen als andere Länder. Der Unionsfraktionschef im Bundestag, Volker Kauder, berichtete bei seinem China-Besuch in dieser Woche von seinem Gespräch mit Chinas Wissenschafts- und Technologieminister Wang Gang. So wie andere Länder habe auch China das Problem, die Einführung des Elektroautos voranzutreiben. Solange es noch keinen einheitlichen Standard für die Steckdosen zum Aufladen gebe, hielten sich auch die chinesischen Autokäufer zurück.

Wang Gang will daher zuerst da ansetzen, wo der Staat den meisten Einfluss hat: bei den Flotten der regierungseigenen Betriebe – etwa Verkehrsgesellschaften oder Energieversorgern. Und das sind in China mit mehreren Zehntausend Fahrzeugen jede Menge. Wenn damit erst einmal ein Vorbild geschaffen ist, kann und wird die Privatwirtschaft nachziehen. Ein Modell, so Kauder, das auch Deutschland grundsätzlich übernehmen könne.