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Die EU steht kurz vor der Kapitulation

 

Wenn es nach Frank Asbeck geht, dann bekommt sein Unternehmen Solarworld in diesen Tagen gleich zwei Mal Hilfe. Anfang der Woche erhielt Solarworld neues Kapital von einem Investor aus Katar. Den zweiten Schub soll die Politik in Brüssel besorgen. Kommt alles wie geplant, werde sein Unternehmen nicht ein halbe Milliarde Verlust machen wie im vergangenen Jahr, sondern wieder gute Gewinne, glaubt Asbeck.

Tatsächlich haben der Unternehmer und die von ihm gegründete europaweite Initiative Pro Sun den EU-Handelskommissar Karel de Gucht dazu gebracht, Strafzölle auf Solarmodule aus China zu erheben. Seit Anfang Juni gilt ein vorläufiger Strafzoll in Höhe von durchschnittlich 11,8 Prozent. Gibt es bis zum August keine Einigung, soll die Rate auf mehr als 45 Prozent ansteigen. Doch Asbeck sollte sich nicht zu früh freuen. Seit Anfang der Woche verhandeln Vertreter des EU-Handelskommissars und das chinesische Handelsministerium unter Hochdruck um eine Einigung. Und nach allem was man hört, stehen die Europäer vor der Kapitulation.

China hat inzwischen schweres Geschütz aufgefahren und droht mit Antidumping-Verfahren unter anderem gegen Wein, einzelne Chemieprodukte und sogar Autoeinfuhren aus Europa. Zwar haben die Drohungen kaum Einfluss auf die chinesisch-europäischen Handelsbeziehungen. Auf Wein aus Europa gibt es bereits hohe Luxussteuern, und ein Großteil der europäischen Chemieprodukte und Autos werden ohnehin schon in China produziert, sodass europäische Unternehmen nicht mit wirklich hohen Einbußen rechnen müssten.

Dennoch ist Chinas Druckpotenzial groß. Die Chinesen haben allein in Deutschland nicht nur die mächtigen Industrieverbände auf ihrer Seite und die meisten Wirtschaftslobbyisten, von denen die meisten im Handel mit China gute Geschäfte machen. Auch die meisten Regierungen der EU-Mitgliedsländer sind gegen Strafzölle auf chinesische Solarimporte und machen Druck auf EU-Handelskommissar de Gucht.

De Gucht wird am Freitag in Peking eintreffen und höchstpersönlich mit Chinas Handelsminister Gao Hucheng zusammentreffen. Offiziell stehen die Solar-Strafzölle nicht auf der Agenda, sondern eine Reihe von weiteren Handelsstreitigkeiten. Der Zollstreit dürfte aber dennoch das Hauptthema werden – zumal auf chinesischer Seite bereits kolportiert wird, dass die Verhandlungen „äußerst positiv“ verliefen, während die Beamten in Brüssel versuchen zu beschwichtigen. Dort betont man, die Gespräche befänden sich noch in „einem frühen Stadium“. Am Ende wird wohl ein Deal stehen: China wird bei der Subventionierung seiner Solarindustrie marginale Eingeständnisse machen, damit de Gucht keinen Gesichtsverlust erleidet. Die Strafzölle dürften aber fallen gelassen werden. Schlechte Nachrichten also für Asbeck.

Doch selbst wenn sich der Unternehmer mit seiner Maximalforderung durchsetzen sollte – die Solarbranche weltweit leidet unter Preisverfall und Überkapazitäten. Längst sind auch eine Reihe anderer Schwellen- und Entwicklungsländer in die Solarproduktion eingestiegen und schaffen es ohne großen Aufwand, die Glasplatten en masse herzustellen. Solar ist für ein hochindustrialisiertes Land wie Deutschland schon lange keine Hightech-Industrie mehr.

So bitter es für Asbeck und seine Mitarbeiter klingt – für Solarworld besteht nur noch wenig Hoffnung.