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Keine Krise in China in Sicht

 

Nun trifft es offensichtlich auch China. Der Export ist bereits eingebrochen und nun lässt das Wachstum nach. Nach Angaben der chinesischen Statistikbehörde hat die Wirtschaft in China im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr nur noch um 7,5 Prozent zugelegt. Das klingt für europäische Ohren zwar immer noch nach viel. Es ist aber der schwächste Wert seit vielen Jahren. Hinzukommen Meldungen, dass Chinas Kommunen überschuldet sind und die Banken auf einem gigantischen Berg von faulen Krediten sitzen. Einige warnen bereits vor einem Ende des chinesischen Booms und einer möglichen schweren Finanzkrise in China.

Doch wie schlimm ist die Lage wirklich? Und die vielleicht für Deutschland interessanteste Frage: Wie sind die Geschäftsaussichten für die vielen deutschen Unternehmen in China, die ja in den vergangenen Jahren Bombengeschäfte verzeichnet haben?

Zunächst einmal: Abgeschwächt hat sich tatsächlich vor allem der Export. Er ist im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,1 Prozent geschrumpft. Doch das ist tatsächlich auch der einzige echte Negativwert. Die Investitionstätigkeiten sind zwar ebenfalls zurückgegangen, von über neun Prozent noch Anfang des Jahres, auf 8,9 Prozent im zweiten Quartal. Aber ein dramatischer Einbruch oder ein Ende des chinesischen Booms sieht anders aus.

Was die Wachstumszahlen betrifft: Die chinesische Führung selbst hat bereits Anfang des Jahres für 2013 ein Wachstum von 7,5 Prozent ausgegeben. Damit befindet sich China noch immer im selbst gesetzten Zielkorridor. Zudem will China die Exportabhängigkeit des Landes reduzieren und den Binnenkonsum stärken. Dieser Übergang verläuft nicht reibungslos. Nach derzeitigem Stand scheint dieses Konzept jedoch aufzugehen. Konträr zum wegbrechenden Export sind die Umsätze im Einzelhandel kräftig gestiegen. Ihr Zuwachs belief sich auf 13,3 Prozent. Dieser anziehende Konsum hat den Exportrückgang mehr als kompensiert.

Bislang bleibt auch der Arbeitsmarkt stabil: Anders als etwa bei der Weltwirtschaftskrise 2009 als Zehntausende ihre Jobs verloren, ist die Arbeitslosenquote aktuell weiterhin niedrig.

Dass sich Chinas Wachstum verlangsamt, darauf stellen sich Ökonomen schon seit Langem ein. He Xiaoyu von der Zentralen Hochschule für Wirtschaft und Finanzen in Peking weist daraufhin, dass seit der wirtschaftlichen Öffnung mehr als 30 Jahre vergangen seien und viele Jahre das Wachstum über zehn Prozent gelegen habe. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf hat sich seitdem mehr als verzwanzigfacht. Es ist also normal, dass sich das prozentuale Wachstum bei einer inzwischen so großen Volkswirtschaft verlangsamt. In absoluten Zahlen wächst Chinas Wirtschaft immer noch kräftig.

Dass die wirtschaftliche Stimmung in China alles andere als schlecht ist, zeigt auch eine erst vor Kurzem erhobene Umfrage unter deutschen Unternehmen in der Volksrepublik. Aus ihr geht hervor, dass eine große Mehrheit weiter zuversichtlich auf ihre Geschäfte blickt. Und das ist keineswegs nur Schönfärberei. Denn solange es tatsächlich nur die nachlassenden Ausfuhren sind, trifft es zwar die chinesische Exportindustrie. Die deutsche Industrie hingegen ist in nur geringem Maße betroffen – profitiert sie doch von einem wachsenden Binnenmarkt. Bislang bleibt die Nachfrage nach deutschen Produkten und Dienstleistungen in China hoch, bestätigt Titus von dem Bongart, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Handelskammer in Shanghai.

Und trotz des kommunalen Schuldenproblems, dessen komplettes Ausmaß noch gar nicht erfasst ist, ein Zusammenbruch der Finanzindustrie wie nach der Lehman-Pleite in den USA droht in China nicht. Die chinesischen Schulden basieren nicht auf handelbaren Wertpapieren wie in der westlichen Welt, sondern auf Darlehen von Banken. Damit sind sie statisch. Die Banken wiederum gehören ohnehin dem Staat, der sie im Zweifel immer retten wird.

Und wie sieht es für das Jahr 2014 aus? Keine erheblichen Veränderungen zu diesem Jahr – weder nach oben, noch nach unten. China behalte den eingeschlagenen Kurs bei, sagt Titus von dem Bongart.