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Chinas Premier hat Erfolg als Handlungsreisender

 

Chinas Premierminister Li Keqiang war die vergangenen Wochen fleißig auf Werbetour. Er will den chinesischen Hochgeschwindigkeitszug verkaufen. Und das klappt nicht schlecht. Schon bald könnte Chinas Hochgeschwindigkeitstechnik auf allen Kontinenten fahren, abgesehen von der Antarktis. Die Hersteller des deutschen ICE können von einer solchen Auftragslage nur träumen.

Besonders erfolgreich war Li Keqiang in Osteuropa. Mit Ungarn und Serbien hat er vereinbart, Budapest und Belgrad mit einem Hochgeschwindigkeitszug zu verbinden. Auch mit Rumänien hat Li einen Vertrag zur „Zusammenarbeit im Eisenbahnsektor“ unterzeichnet – was einem Vorvertrag für eine Lieferung gleich kommt. Zuvor war der Premier im Nachbarland Kasachstan aktiv. Gemeinsam mit der kasachischen Regierung hat er dort den Ausbau eines „Eisenbahnkorridors“ für Warenlieferungen von China nach Europa angekündigt. Am Montag vereinbarte auch der britische Premierminister David Cameron bei seinem Besuch in Peking eine Zusammenarbeit mit der Volksrepublik beim Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Großbritannien.

In Südostasien ist Chinas Schnellzug bereits seit einiger Zeit der Favorit. Thailand steht kurz davor, ihn zu bestellen. Selbst Myanmar zeigt großes Interesse. Auf dem amerikanischen Kontinent hatte sich der Bundesstaat Kalifornien sehr für die chinesische Zugtechnik interessiert. Im Moment aber kann Kalifornien sich das Projekt nicht leisten.

Chinas Schnellzug ist aus mehreren Gründen so begehrt. Die Technik ist erprobt, alles in allem ist der Zug weder besser noch schlechter als sein französischer, deutscher oder japanischer Konkurrent. Zusätzlich bringt Premier Li auf seinen Handlungsreisen etwas mit, womit die Konkurrenz aus Japan oder Frankreich nicht aufwarten kann: die passende Finanzierung. China verkauft seinen Zug gewissermaßen ähnlich wie ein deutscher Elektro-Discounter seine Geräte. Es liefert den passenden Kredit gleich mit dazu.

Da die meisten Regierungen dieser Welt derzeit ziemlich klamm sind, ist so ein Angebot praktisch unwiderstehlich. In Osteuropa hat Premier Li Kooperationskredite in Höhe von acht Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Im derzeit bettelarmen Myanmar will China die Strecke sogar komplett bauen und betreiben – dafür aber 40 Jahre lang die Einnahmen kassieren.

Auch Kaliforniens Gouverneur Brown hofft darauf, die Chinesen für die Finanzierung „mit ins Boot zu holen“. Dank der chinesischen Finanzierung gibt es Absichtserklärungen mit Russland, Brasilien und Saudi-Arabien über den Verkauf des Schnellzugs. In Brasilien will die China Development Bank (CDB) als möglicher Geldgeber einspringen. Und selbst Länder wie Kenia, Burundi und Uganda wollen auf diese Weise an ein eigenes Hochgeschwindigkeitsnetz kommen.

Volkswirtschaftlich macht das Sinn, und zwar für alle Beteiligten. China nutzt seine derzeit gigantischen Währungsreserven – sie liegen aktuell bei 3,7 Billionen Dollar – für eine lohnende Investition und erhält von den Bahnkunden und Regierungen der anderen Länder eine festgelegte Rendite. Die Kunden wiederum modernisieren auf diese Weise ihre Infrastruktur. Sie fördern so auf lange Sicht ihr Wachstum und sie schonen die Umwelt mehr, als wenn sie, wie derzeit noch immer die USA, weiter auf das Auto und den Flugverkehr setzen.

China selbst hat binnen kurzer Zeit sehr viel Erfahrung im Bau von Hochgeschwindigkeitsstrecken aufbauen können. Innerhalb weniger Jahre haben die Chinesen im eigenen Land 10.000 Kilometer Hochgeschwindigkeitsgleise verlegt – mehr als in allen europäischen Ländern zusammen. Und der Ausbau geht unermüdlich weiter. Das bisherige Streckennetz soll sogar noch einmal verdoppelt werden. Bereits in den nächsten Monaten soll die zentralasiatische Stadt Urumqi im tiefen Westen des chinesischen Staatsgebietes an das Hochgeschwindigkeitsnetz angebunden sein.

Von der in Deutschland noch immer weit verbreiteten Meinung, beim chinesischen Hochgeschwindkeitszug handle es sich nur um eine billige Kopie des ICE, kann übrigens schon lange keine Rede mehr sein. Die chinesischen Ingenieure haben sich die nötige Bahntechnik zwar systematisch im Ausland abgeschaut und die erste Generation der Hochgeschwindigkeitszüge waren auch noch ICEs, Shinkansens und TGVs. Aber Technologieklau haben die Chinesen nicht betrieben. Vielmehr zahlten sie brav für Patente und technische Einzelheiten, um daraus ihre eigenen Züge zu entwickeln.

An der nun weltweit anstehenden Expansion werden daher auch Firmen wie Siemens und Bombardier kräftig verdienen.