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Berlins China-Politik bewährt sich

 

Deutsche Maschinen, deutsche Autos, inzwischen sogar deutsche Milchprodukte: Deutschland ist seit nunmehr zwei Jahrzehnten Chinas engster Wirtschaftspartner in Europa. Dem hat Chinas Staatspräsident Xi Jinping am Freitag bei seinem Besuch in Berlin Rechnung getragen. Er hat nicht nur, wie auf solchen Staatsbesuchen üblich, Verträgen in Milliardenhöhe seinen Segen erteilt. Die chinesische Führung hat offiziell Frankfurt als ersten Finanzplatz in Europa auserkoren, wo der Yuan künftig frei gehandelt werden darf – noch vor London, Luxemburg, Paris und Zürich.

Das ist ein großer Erfolg. Denn die bislang streng regulierte chinesische Währung ist auf dem besten Wege, zu einer Weltwährung aufzusteigen. Und wo der Yuan in Europa als erstes gehandelt wird und eine entsprechende Infrastruktur entsteht, wird er auch besonders viele chinesische Investoren anziehen. In der Praxis wird dieser Vorteil zwar nicht von Dauer sein. Denn auch London wird schon bald in den Genuss des freien Yuan-Handels kommen, und die anderen Standorte dürften folgen. Und doch gebührt die Ehre zunächst einmal den Deutschen.

Dass die chinesische Führung Deutschland diese Ehre erteilt, ist in erster Linie auf die guten deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen zurückzuführen. Der Handel boomt. Mehr als 8.000 deutsche Unternehmen sind inzwischen in der Volksrepublik aktiv. Die Zahl der chinesischen Unternehmen in Deutschland wächst ebenfalls beständig und dürfte inzwischen die 2.000er-Marke geknackt haben. In keinem anderen europäischen Land hat China in den vergangenen Jahren so viel investiert wie in Deutschland. Doch auch die Bundesregierung trägt ihren Anteil.

Chinas Führung findet Kanzlerin Angela Merkel verlässlich und wenig wankelmütig, anders als etwa den britischen Premierminister David Cameron. Der hatte vor zwei Jahren den Dalai Lama empfangen und damit den Zorn Pekings auf sich gezogen. Im eigenen Land wusste Cameron damit lautstark zu punkten. Anfang des Jahres kam er dann doch in Peking auf Knien angekrochen und überschüttete die chinesische Führung geradezu mit Lobeshymnen – alles nur, um chinesische Investoren nach London zu locken. Camerons Kotau fiel so tief aus, dass selbst Peking das als anbiedernd empfand.

Die Bundesregierung hingegen setzt in den Beziehungen mit der kommunistischen Führung auf Beständigkeit. Wo sich die Interessen decken, wird eng zusammengearbeitet: etwa im Handel oder beim Umweltschutz. Differenzen werden aber ebenso angesprochen, etwa beim Rechtsstaatsdialog und den Menschenrechten. Vielleicht nicht lautstark, aber dennoch unverblümt. Abgesehen von den USA ist Deutschland eines der wenigen Länder, das es überhaupt noch wagt, die Menschenrechtsfrage gegenüber Chinas Führung offensiv zur Sprache zu bringen. Auch Frankreichs Präsident François Hollande hatte bei Xis Besuch in Paris allenfalls einen Nebensatz zu diesem Thema übrig.

Der eine oder andere mag die Menschenrechts-Leier als Feigenblatt empfinden. Auch Bundespräsident Joachim Gauck hatte beim Empfang des chinesischen Präsidenten nichts Neues hinzuzufügen. Chinas miserable Menschenrechtsbilanz wird er mit seiner Ansprache ganz sicher nicht radikal umgekehrt haben. Doch der chinesischen Zivilgesellschaft ist bereits geholfen, wenn sich über unaufgeregte Verhandlungen im Hinterzimmer die Haftbedingungen einzelner Menschenrechtsaktivisten verbessern.

Den deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen tut das keinen Abbruch.