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Harte Konkurrenz für Samsung und Co.

 

Nein, bei TCL handelt es sich nicht um die einstige Hausmarke von Tchibo, die der Kaffeeröster inzwischen nur noch als Qualitätssiegel für seine Konsumgüter verwendet. Tchibos Marke heißt TCM. TCL hingegen steht für „The Creative Life“ und ist nach Samsung und LG der weltweit drittgrößte Hersteller von Fernsehgeräten. Das chinesische Unternehmen hat allein im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben mehr als 14 Millionen Flachbildfernseher verkauft und damit die bis vor Kurzem noch ruhmreichen japanischen Fernsehhersteller Sony, Toshiba, Panasonic und Sharp in den Schatten gestellt. Nun will TCL auch in Europa zu den Marktführern aufsteigen. Das dürfte allerdings schwierig werden.

Technisch kann TCL mit den Fernsehgeräten der Konkurrenz durchaus mithalten. Sowohl bei der HD-, als auch bei der neuesten Ultra-HD-Technik brilliert TCL zwar nicht mit nennenswerten eigenen Innovationen. Doch die Geräte gelten als solide, zumal selbst Marktprimus Samsung wichtige Komponenten wie Panele von TCL bezieht.

Im Unterschied zur internationalen Konkurrenz hat TCL zudem einen großen Vorteil: Chinesische Unternehmen verfügen angesichts ihrer inzwischen so gewaltig gewachsenen und kauffreudigen Mittelschicht über einen gigantischen Heimatmarkt. Bevor sie sich der Konkurrenz auf den Weltmärkten stellen, können sie im Schutz protektionistischer Regelungen im eigenen Land heranwachsen. Der gigantische Heimatmarkt im Rücken verschafft ihnen erhebliche Kostenvorteile. Sie können in großer Stückzahl produzieren und auf diese Weise zügig die Produktionskosten senken. Die Arbeitskosten sind ohnehin im internationalen Vergleich sehr niedrig.

Genau auf diesen Kostenvorteil setzt die Konzernführung von TCL nun auch bei ihrem angestrebten Siegeszug durch Europa. Sie glaubt, dass sie die Preise ihrer neuesten Geräte sehr viel schneller senken kann als die südkoreanische oder japanische Konkurrenz. Noch im vergangenen Jahr etwa wollte Samsung für den Ultra-HD-Fernseher UE85S9 35.000 Euro haben. TCL drückte den Preis einiger seiner Ultra-HD-Geräte auf unter 1.000 Euro. Auch wenn es in der technischen Ausstattung große Unterschiede gibt und die Geräte nicht eins zu eins vergleichbar sind, setzen solche Preise wie bei TCL die etablierten Schwergewichte mächtig unter Druck. Die Gewinnmarge schmilzt daher viel schneller, als es noch vor Kurzem bei technischen Neuerungen üblich war.

Woran es bei TCL beim geplanten Markteintritt ganz gewaltig hapert: Die Marke ist in Europa weithin unbekannt.

Im asiatischen Raum, in Afrika und den Schwellenländern Lateinamerikas ist TCL vielen potenziellen Fernsehkäufern zumindest ein Begriff. Nicht aber in Europa. In Frankreich werden TCL-Geräte unter dem Namen Thomson verkauft. Mit beiden Marken hat TCL einen Marktanteil von acht Prozent. In Deutschland vertreibt TCL seine Geräte unter eigenem Namen vor allem übers Internet, in diversen Supermärkten und über den Elektronikhändler Conrad. Der Marktanteil in Deutschland lag 2013 bei einem Prozent.

In Deutschland tut sich das chinesische Unternehmen besonders schwer. Das hängt mit der sehr zerfaserten Vertriebsstruktur zusammen. Während es in den meisten anderen Ländern etwa in Spanien oder Italien ausreicht, mit zwei oder drei Großhändlern zu verhandeln, um landesweit in den Geschäften vertreten zu sein, müssen die Hersteller in Deutschland mit mehreren Dutzend Elektronikgroßhändlern verhandeln.

Zudem gelten besonders deutsche Konsumenten beim Kauf von Fernsehgeräten als äußerst markenbewusst. Chinesische Marken werden in Deutschland auch in absehbarer Zeit keinen guten Ruf erhalten. Dabei hat TCL eine Reihe von Konkurrenten übernommen, mit denen viele Deutsche noch sehr viel verbinden dürften. Der einst norddeutsche Fernsehhersteller Nordmende aus Bremen etwa ging in den achtziger Jahren an den französischen Konzern Thomson über. TCL hat wiederum 2004 die Thomson-Fernsehsparte übernommen. Auch die einstigen Traditionsfirmen Telefunken und Saba gingen an Thomson, was sich nun in der Hand von TCL befindet. Die Markenrechte wurden jedoch nicht übernommen. Die Marke Saba ist komplett verschwunden.

Dabei hatte sich TCL schon einmal in Deutschland um den Markteintritt bemüht – und war gescheitert. 2002 kaufte das chinesische Elektronikunternehmen für 8,2 Millionen Euro die Insolvenzmasse des Fernsehherstellers Schneider Electronics. Um das technische Wissen ging es den Chinesen schon damals nicht mehr. Das bayerische Unternehmen war technisch schon lange nicht mehr ganz vorne dabei.

Viel mehr ging es um die Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“, die nicht nur in China einen exzellenten Ruf genießt. TCL wollte überwiegend in China günstig hergestellte Fernsehgeräte ins Werk Turkheim bringen und sie lediglich mit einigen wenigen Komponenten aus Deutschland ergänzen, um sie dann mit der deutschen Herkunftsbezeichnung besiegeln zu dürfen. Daraus wurde jedoch nichts. Der Weiterbetrieb der Schneider-Werke wurde auch für die Chinesen zu kostspielig. 2004 machten sie Schneider komplett dicht.

TCLs neuer Anlauf, in Europa Fuß zu fassen, erfolgt denn wohl überwiegend aus Prestigegründen. Der europäische Markt für Flachbildschirme gilt als gesättigt. Ein großer Teil der Haushalte in Deutschland dürfte sich in den vergangenen fünf Jahren ein Flachbildgerät angeschafft haben. Auch die neue Ultra-HD-Technik dürfte als Grund kaum ausreichen, sein gerade einmal zwei oder drei Jahre altes HD-Gerät schon wieder zu ersetzen.

Die Zahl potenzieller Käufer von Fernsehgeräten wird in Deutschland derzeit auf etwa sieben Millionen im Jahr geschätzt. Zum Vergleich: In China soll die Zahl bei über 50 Millionen liegen.

Nachtrag: In der ursprünglichen Version dieses Textes hieß es, die beiden führenden Elektronikverkäufer MediaMarkt und Saturn hätten TCL-Modelle noch gar nicht in ihr Sortiment aufgenommen. Der Distributor Karcher, der die TCL- und Thomson-Fernseher nach eigenen Angaben in Deutschland exklusiv vertreibt, weist darauf hin, dass MediaMarkt und Saturn TCL-Fernseher in ihrem Sortiment haben – sowohl im Onlineshop als auch in den Märkten.