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Der Erfolg von Hongkongs Demokraten

 

Die Barrikaden vor dem Hongkonger Regierungsgebäude sind weggeräumt, die Informationsstände abgebaut. Der Müll, den die Demonstranten schon während der Blockade brav aufgesammelt und in Säcken am Straßenrand aufgetürmt haben – dieser Berg ist nun ebenfalls weg. Auf den Straßen fahren stattdessen wieder Autos. Nach mehr als zwei Wochen ununterbrochener Massenproteste haben die Aktivisten das Ultimatum der Regierung eingehalten und die Blockaden des Finanzviertels weitgehend aufgegeben.

Zwar ist der von den Demonstranten so verhasste Hongkonger Regierungschef Leung Chun-ying weiter im Amt. Und auch mit der Forderung nach freien Wahlen ab 2017 konnten sich die Demokratie-Aktivisten nicht durchsetzen. Doch umsonst war ihr Protest nicht. Im Gegenteil.

Die Hongkonger Demokratiebewegung hat mit ihren Protesten ein klares Signal an die Regierung in Peking ausgesandt: Sie lassen sich nicht mit einer florierenden Wirtschaft abspeisen, zumal nur eine kleine Elite aus Bankern, Unternehmern und Immobilienentwicklern von diesem massiven Kapitalzufluss reicher Chinesen aus der Volksrepublik profitiert haben.

Der Protest hat gezeigt, dass einer großen Zahl vor allem junger Hongkonger das Recht auf freie Meinung, politischer Mitbestimmung und eine unabhängige Justiz wichtiger ist. Die Hongkonger wollen auch in Zukunft nicht von den Launen der autoritären Führung in Peking abhängig sein, sondern die Politik ihrer Stadt selbst bestimmen.

Zugleich hat der gemeinsame Protest junge Hongkonger Studenten und altgedienter Demokratie-Aktivisten die Stadt zusammengeschweißt. Gemeinsam sind sie jederzeit imstande wieder Zehntausende auf die Straße bringen. Die Hongkonger Führung und auch Peking dürften sich in den versprochenen Verhandlungen um das umstrittene Wahlverfahren für 2017 jeden weiteren Schritt sehr genau überlegen.

Der Druck auf Leung wächst

Es ist daher auch völlig richtig, dass die Aktivisten ihre Blockade zunächst einmal aufgehoben haben und sich mit der Hongkonger Regierung an einen Tisch setzen. Der Verhandlungsdruck ist da. Die Blockaden fortzusetzen, hätte verheerende Folgen gehabt. Das Ultimatum war zu deutlich: Es ist anzunehmen, dass Leung die Blockaden notfalls mit Gewalt geräumt hätte.

Unter dem Demonstranten bestand zudem die Gefahr einer Radikalisierung. Bereits am Wochenende gab erste Zusammenstöße zwischen Aktivisten und Gegendemonstranten. Die bunten Bilder von friedlichen Studenten und Oberschülern mit ihren gelben Schleifen und Regenschirmen wurde dadurch getrübt. Auch wenn die Demonstranten selbst, die Szenen nicht zu verantworten hatten, fühlten sich einige Sympathisanten bereits von den Bildern abgeschreckt.

Mit einer zentralen Forderung konnten sich die Demonstranten aber nicht durchsetzen: dem Rücktritt von Regierungschef Leung. Doch der Druck auf ihn ist gewachsen. Innerhalb der Hongkonger Regierung mehren sich die kritischen Stimmen. Er sei der Aufgabe nicht gewachsen, argumentieren sie. Von der chinesischen Führung in Peking ist bislang zwar nichts dergleichen zu hören. Das kann sich aber schnell ändern.

Leungs Vorvorgänger Tung Chee-hwa musste im Frühjahr 2005 ganz plötzlich zurücktreten. Damals waren ebenfalls Zehntausende auf der Straße. Wie nun bei Leung richtete sich der Zorn der Bürger gegen den Regierungschef, weil er allzu brav die Vorgaben der Pekinger KP-Kader umgesetzt hatte. Peking setzte ihn kurze Zeit später ab.