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Umhüllt von Dieselruß

 

Peking war fast den gesamten Oktober mal wieder unter einer dichten Nebeldecke verhüllt. Dieser regelmäßig wiederkehrende Smog ist unter anderem der ungünstigen geografischen Lage der chinesischen Hauptstadt geschuldet. Umringt im Norden und Westen von hohen Bergen bleibt bei Windstille und Inversionswetterlage der Feinstaub der umliegenden Industrieanlagen sowie der Ozon, das Schwefeldioxid und die Stickoxide aus den Autoabgasen im Stadtgebiet hängen. Das giftige Gemisch dringt dann durch jede Fensterritze.

Noch schlimmer ist es in den zentralchinesischen Industriestädten wie Shijiazhuang, Xi’an oder Zhengzhou. Wegen der vielen umliegenden Kohlekraftwerke sehen die Menschen in diesen Regionen inzwischen die meiste Zeit des Jahres keinen blauen Himmel mehr. In den chinesischen Küstenstädten wie Shanghai, Shenzhen oder Ningbo hingegen müsste die Luft aufgrund der frischen Meeresbrise sehr viel besser sein. Doch dem ist nicht so. Auch die Küstenmetropolen sind an vielen Tagen im Jahr verpestet. Schuld hat der wachsende Schiffsverkehr.

Wie die in Hongkong erscheinende Zeitung South China Morning Post berichtet, verursacht ein Frachtschiff an einem Tag im Durchschnitt so viele giftige Abgase wie zur gleichen Zeit etwa eine halbe Million dieselbetriebener LKWs. Sie zitiert einen Bericht der US-amerikanischen Umweltschutzorganisation Natural Resources Defensive Council (NRDC). Da sich in den Küstenmetropolen Shanghai, Shenzhen, Tianjin, Ningbo und Qingdao die größten Hafenanlagen der Welt befinden, sind diese Städte besonders von dem Schiffsruß betroffen.

Die gesundheitlichen Auswirkungen in diesen Städten sind enorm. Zwar liegt auf das gesamte Jahr gerechnet in Shanghai oder Shenzhen der Feinstaubgehalt deutlich unter dem von Peking. Doch das Gemisch von Schiffsabgasen ist giftiger. Dem deutschen Naturschutzbund (Nabu) zufolge ist Schiffsdiesel etwa hundertmal schwefelhaltiger als Autodiesel und erhöht damit das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, ganz erheblich. Nach Angaben der Vereinten Nationen stammen derzeit 16 Prozent aller Schwefelemissionen aus weitgehend ungefilterten Mineralölverbräuchen von Schiffen. Trotzdem gibt es für die Reedereien kaum Bestimmungen, die Frachter mit speziellen Filtern auszurüsten. Auch in China nicht.

Während Chinas Führung im Kampf gegen die hohe Luftverschmutzung den Autoverkehr in den Großstädten einschränkt, besonders marode Fabrikanlagen schließen lässt und alte Kohlekraftwerke mit moderner Filtertechnik ausrüstet, bleibt damit eine der übelsten Dreckschleudern von den Maßnahmen bislang unberührt. Den Umweltexperten von NRDC zufolge haben einige chinesische Hafenstädte zwar begonnen, den Schadstoffgehalt aufgrund des Schiffsverkehrs zu messen. Aber konkrete Maßnahmen dagegen gibt es noch keine.

In China befinden sich sieben der zehn größten Hafenanlagen der Welt. Ein Viertel des weltweiten Warenverkehrs auf dem Wasser wird in chinesischen Hafenstädten umgeladen. Städte wie Shenzhen, Shanghai, Tianjin, aber auch Hongkong gelten daher als besonders verschmutzt. Einer weiteren Studie in der südchinesischen Sonderverwaltungszone zufolge sind 2008 rund 1.200 vorzeitige Todesfälle unmittelbar auf den giftigen Dieselruß von Schiffen zurückzuführen.

Die Luftverschmutzung in der gesamten Volksrepublik hatte 2010 zu rund 1,2 Millionen Todesfällen geführt.