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China, Vorbild im Klimaschutz?

 

Es war schon später Abend: eine Zeit, zu der sich die meisten Pekinger nicht mehr im Freien aufhalten. Dennoch dürfte der Blick aufs Smartphone viele entsetzt haben. Eine App, die inzwischen so gut wie jeder installiert hat und die darüber informiert, wie schmutzig die Luft in der chinesischen Hauptstadt ist, zeigte in der Nacht zum Donnerstag über 500 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter an. Es ist fast das 20-Fache dessen, was die Weltgesundheitsorganisation noch für unbedenklich hält. „Beyond Index“, meldete die US-Botschaft – die Luftbelastung war so hoch, dass selbst die Messgeräte nicht mehr mitkamen.

Angesichts dieser extremen Smog-Werte ist es kaum vorstellbar, dass China beim Klimaschutz zumindest in einigen Bereichen schon bald eine Vorreiterrolle spielen könnte.

Zwei Wochen ist es her, dass sich Chinas Staatschef Xi Jinping und US-Präsident Barack Obama am Rande des Gipfel der 21 asiatisch-pazifischen Staaten (Apec) in Peking auf strengere Auflagen beim Klimaschutz geeinigt haben. China hat zwar keine konkreten Begrenzungen genannt und lediglich zugesagt, dass spätestens 2030 der Höhepunkt des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes erreicht sein wird. Zudem kündigte Peking mit Blick auf die Klimakonferenz ab dem 1. Dezember in Lima an, den Anteil nicht-fossiler Energieträger am Energiemix auf 20 Prozent zu erhöhen.

Das klingt zunächst einmal nicht besonders ambitioniert. Denn dem bereits jetzt mit großem Abstand weltgrößten CO2-Emittenten bleiben 16 lange Jahre, weiter unvermindert Kohlendioxid in die Luft zu blasen. Zumindest auf der internationalen Bühne will sich die chinesische Führung bis dahin auch weiter auf keine verbindlichen Ziele festnageln lassen. Im nationalen Rahmen passiert in China im Sinne des Klimaschutzes derzeit aber überraschend viel.

Deckelung schon ab 2020

Vergangene Woche hat der chinesische Staatsrat einen neuen Energieplan vorgestellt, der Chinas Kohleverbrauch bereits ab 2020 deckeln soll. Zudem hat die Zentralregierung landesweit erstmals Klimaschutzziele für die Stahl- und Zementindustrie definiert. Sie sollen ihre bis 2020 gestiegenen Emissionen auf das Niveau von 2015 drücken.

Diese Zusagen sind nicht so verbindlich wie eine internationale Verpflichtung. Auch die Fünfjahrespläne, ein in der Volksrepublik weiter gepflegtes Relikt aus Zeiten der sozialistischen Planwirtschaft, werden bei Weitem nicht allesamt umgesetzt. Und doch setzen sie landesweit den Kadern und Parteisekretären klare Ziele, die sie zumindest anzustreben haben.

Bislang haben sich bereits rund ein Drittel der chinesischen Provinzen verpflichtet, den CO2-Ausstoß bereits bis 2017 zu drosseln. Erste Erfolge gibt es schon. In diesem Jahr ist der Kohleverbrauch im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht zurückgegangen. Das dürfte zwar auch daran liegen, dass die Wirtschaft insgesamt nicht mehr so schnell wächst wie in den Jahren zuvor. Doch sie ist im gleichen Zeitraum nur um einige Zehntel Prozentpunkte weniger gewachsen. Der Kohleverbrauch hingegen ist um rund ein Prozent geschrumpft.

Erfolge beim Emissionshandel

Ebenfalls erste Erfolge gibt es beim Emissionshandel. Anders als in Europa scheint er in China zu funktionieren. Dieses klimapolitische Instrument sieht vor, dass jedes Unternehmen nur eine bestimmte Menge CO2 in die Luft pusten darf. Wird die Menge übertroffen, muss das Unternehmen zusätzliche Zertifikate erwerben. Liegt es darunter, darf es seine Anteile verkaufen.

Das Problem in der Europäischen Union: Wirtschaftskrise und die Ausschüttung von zu vielen Emissionszertifikaten haben dazu geführt, dass der Preis für die Zertifikate zu niedrig ist. Zumindest für Unternehmen gibt es derzeit nur wenig Anreize, in saubere aber kostspieligere Energie zu investieren. Der Privatsektor trägt derzeit nur sehr wenig zur Energiewende bei.

Klimaschützer fordern daher schon seit geraumer Zeit, die Stückzahl der Zertifikate zu verknappen oder Mindestpreise einzuführen. Dagegen stemmen sich aber die energieintensiven Industrien mit ihren Lobbyisten – und zwar erfolgreich.

China hingegen hat sich vorbehalten, die Zahl der Zertifikate jederzeit zu reduzieren. Das ist ein großer Vorteil gegenüber dem europäischen Emissionshandel. Seitdem dieser Handel Anfang 2013 in sieben Pilotregionen angelaufen ist, wurden offiziellen Angaben zufolge Zertifikate von insgesamt mehr als 13 Millionen Tonnen Kohlendioxid gehandelt. Bereits im kommenden soll der Emissionshandel auf das gesamte Land ausgeweitet werden.

Hinzu kommt der Ausbau der erneuerbaren Energien. 2013 hat China seine Windkraftkapazität um 16 Gigawatt ausgeweitet, und damit mehr als die Hälfte der weltweit neu installierten Leistung. Auch beim Ausbau der Solarenergie stehen die Chinesen an der Spitze. Die deutsche Klimaschutzorganisation Germanwatch spricht bereits von einer „Energierevolution“, die sich derzeit im Reich der Mitte abspielt. Sie dürfte die politischen Entscheidungsträger in der EU „vor Neid erblassen“ lassen. Zumindest in diesen Punkten könnte China für den Rest der Welt tatsächlich ein Vorbild sein.