Jede vierte Kartoffel hat ihren Ursprung in China. Damit ist das Reich der Mitte bereits der weltgrößte Kartoffelproduzent. Dabei werden die „Erdbohnen“ (tudou), wie sie wörtlich übersetzt in der Volksrepublik heißen, in der chinesischen Alltagsküche bislang meist nur in kleine Streifen geschnitten, neben anderem geschnetzelten Gemüse in einem Wok kurz gebraten und dann als Gericht serviert. Anders als Reis oder Weizennudeln sind Kartoffeln in China keine Sättigungsbeilage. Das soll sich nach dem Willen der chinesischen Regierung aber ändern. Sie will, dass Kartoffeln in der Volksrepublik künftig wie ein Grundnahrungsmittel verzehrt werden.
Chinas Vizelandwirtschaftsminister Yu Xinrong hat vergangene Woche angekündigt, dass der heimische Kartoffelanbau von derzeit rund 85 Millionen Tonnen im Jahr bis 2020 um weitere 50 Millionen Tonnen erhöht werden soll. Zum Vergleich: Die Kartoffelnation Deutschland bringt es derzeit auf rund 10 Millionen Tonnen im Jahr.
Wie einst Preußenkönig Friedrich II. mit seinem „Kartoffelbefehl“ will auch die chinesische Führung ihre Bauern dazu bringen, verstärkt auf den Anbau von Kartoffeln zu setzen. Das Landwirtschaftsministerium verspricht den Bauern staatliche Subventionen beim Kauf von Pflanzgut. Zudem will es massiv in die Erforschung neuer Kartoffelsorten investieren, die resistenter sind gegen Seuchen und sich speziell für den trockenen Boden im Norden und Westen Chinas eignen. Auch der Flächenertrag soll durch eine verbesserte Zucht deutlich gesteigert werden.
In der Ausweitung des Kartoffelanbaus sieht Chinas Führung eine Möglichkeit, zu einem gesünderen und ausgewogeneren Ernährungsverhalten der Chinesen beizutragen. Denn die knorrige Knolle gilt als vitaminreich, fettarm und zugleich sättigend. Von allen Gemüsesorten hat sie den höchsten Anteil an Eiweiß, das der menschliche Körper zu verwerten weiß.
Weil Kartoffeln zugleich schneller wachsen als jede andere Kulturpflanze und sehr viel weniger Wasser benötigen als etwa Reis oder Weizen, wird sie auch von internationalen Agrarökonomen als „ideale Kulturpflanze gerade für Kleinbauern in armen Entwicklungsländern“ gepriesen. Über 85 Prozent der Pflanze sind für den menschlichen Verzehr geeignet. Bei den meisten Getreidearten ist es oft nur rund die Hälfte. Die Welternährungsorganisation FAO hat bereits vor einiger Zeit die Kartoffel als das Nahrungsmittel angepriesen, mit dem es am ehesten gelingen könnte, die Ernährungsprobleme auf dem Planeten in Griff zu bekommen. Diesen Rat will Chinas Führung nun aufgreifen.
Um auch der Bevölkerung den Verzehr schmackhaft zu machen, strahlt der chinesische Staatssender CCTV derzeit eine Kochserie aus, die sich speziell der Kartoffel widmet. Die Köche zeigen, was sich alles damit zubereiten lässt – auch nach klassischer chinesischer Rezeptur: Kartoffel süßsauer, Kung-Pao-Kartoffeln, Kartoffelnudeln oder Peking-Ente, die in Kartoffelfladen serviert wird anstatt wie bisher in Fladen aus Weizenmehl.