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Giftspielzeug aus China

 

Diese Meldung dürfte vor allem junge Eltern alarmiert haben: Im vergangenen Jahr haben Kontrolleure in Europa fast 2.500 gesundheitsschädliche Produkte aus dem Verkehr ziehen müssen. Das geht aus dem aktuellen Jahresbericht zum Schnellwarnsystem „Rapex“ der EU-Kommission hervor. Mehr als ein Viertel davon waren Teddys, Puppen, Quietscheentchen und andere Spielsachen. Das meiste gesundheitsgefährdende Spielzeug fanden die Kontrolleure in Waren aus China.

Nun ist es keineswegs neu, dass in Spielzeug aus der Volksrepublik besonders häufig Giftstoffe gefunden werden. Deutsche Verbraucherschützer hatten 2007 schon einmal von der EU-Kommission einen Einfuhrstopp für Spielwaren aus China gefordert. Solange Chinas Behörden nicht gewährleisten können, dass in ihrem Land hergestellte Waren für die Gesundheit unbedenklich sind, sollte Brüssel ein Importverbot erlassen werden, lautete die Begründung. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen warf der damaligen Bundesregierung und der EU-Kommission „mangelndes Problembewusstsein“ vor.

Geschehen ist seitdem wenig. Im Gegenteil: Lag der Anteil der in Deutschland verkauften Spielwaren aus der Volksrepublik damals bei rund 70 Prozent, ist er heute auf über 90 Prozent angestiegen.

Die Produktionsbedingungen in China haben sich seitdem nur kaum verbessert. Die letzte große unabhängige Untersuchung ist allerdings schon von 2011. Damals hatte die in Hongkong sitzende Arbeitsrechtsorganisation Students & Scholars Against Corporate Misbehaviour (Sacom) zahlreiche freiwillige Helfer angeheuert, die sich als verdeckte Ermittler in den südchinesischen Spielzeugfabriken umschauten. Sie berichteten von offen umher stehenden Lösungsmitteln. Viele Arbeiterinnen und Arbeiter hantierten ohne Handschuhe oder Atemmaske. Verbotene Weichmacher wie DINP und DIDP wurden verwendet, die krebserregend sein oder die Leber beschädigen können. Sacom zufolge bezogen selbst große westliche Konzerne wie Disney, Mattel, Lego, Matchbox, Fisher-Price und McDonald’s Spielzeug aus Fabriken, die sich nicht an die Bestimmungen hielten.

Offiziell behauptet die chinesische Regierung, sie würde nun härter gegen die Fabrikanten vorgehen. Dennoch berichten auch chinesische Medien immer wieder von Spielzeug und anderen Plastikgegenständen, in denen gesundheitsgefährdende Stoffe gefunden wurden. Das Vertrauen fehlt längst auch in China. Wer es sich als chinesische Familie finanziell leisten kann, meidet ebenfalls Spielzeug aus heimischer Produktion und kauft seinen Kindern lieber ökozertifiziertes Holzspielzeug etwa aus Deutschland.

Den höchsten Preis aber zahlen die Arbeiterinnen und Arbeiter, die diese Waren in den chinesischen Spielzeugfabriken herstellen. An Bestimmungen mangelt es in China zwar nicht. Doch es hapert an der Umsetzung. Nach wie vor wird vor allem in den Monaten vor dem Weihnachtsgeschäft von bis zu 140 Überstunden im Monat berichtet. Vielen wird kein Arbeitsvertrag ausgestellt, es fehlt an Schutzkleidung. Sie sind dauerhaft den giftigen Chemikalien ausgesetzt.

Auf diese Missstände hat die EU-Kommission kaum direkten Einfluss. Um das Problem dennoch anzugehen, setzt sie sich seit Jahren dafür ein, dass auf Gegenständen aus Fernost die Herkunftsbezeichnung „Made in China“ auch wirklich konsequent vermerkt wird. Das könnte als Abschreckung wirken. Und wenn für die chinesische Spielzeugindustrie der Export deutlich einbricht und ihre Gewinne sinken, findet bei den Fabrikbetreibern vielleicht endlich ein Umdenken statt.