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China im Themenpark-Rausch

 

Po ist der faulste Panda der Welt. Hinzu kommt, dass er Unmengen von chinesischen Dampfbrötchen (Baozi) verputzt. Dennoch ärgerte sich Chinas Filmindustrie, dass Kung Fu Panda keine chinesische Erfindung war, sondern eine des US-Animationsstudios DreamWorks. Immerhin aber erhält die Volksrepublik demnächst den weltweit ersten Kung-Fu-Panda-Freizeitpark.

Für rund drei Milliarden US-Dollar errichtet Dreamworks in der Wirtschaftsmetropole Shanghai zusammen mit einer chinesischen Partnerfirma derzeit einen Themenpark, der allein dem auch in China äußerst beliebten Animationshelden gewidmet ist. Und damit nicht genug. Die Volksrepublik dürfte in den kommenden Jahren mit themenbasierten Freizeit- und Erlebnisparks geradezu übersät werden.

Nur wenige Kilometer von der Dreamworks-Baustelle entfernt errichtet der Disney-Konzern für rund fünf Milliarden Dollar ein neues Disneyland. Mickey Mouse und seine Freunde sollen Anfang nächsten Jahres die Pforten des dann weltweit sechsten Vergnügungsparks des US-amerikanischen Unterhaltungskonzerns öffnen. Damit entsteht Chinas zweites Disneyland, nach dem ersten in Hongkong. Und ebenfalls in unmittelbarer Nähe errichtet das chinesische Unternehmen Haichang einen Ozean- und Polarpark mit Eisbären, Pinguinen und einem Walbecken.

Peking versucht mitzuhalten. Der Stadtregierung ist es gelungen, den US-Unterhaltungsriesen NBCUniversal dazu zu bringen, für drei Milliarden Dollar einen Ableger seiner berühmten Universal Studios in der chinesischen Hauptstadt zu errichten. Die Universal Studios haben bei ihren Fahrgeschäften Hollywoodfilme zum Thema. Die Eröffnung ist für 2019 vorgesehen. BBC erwägt im Reich der Mitte einen Sherlock-Park und der japanische Spielzeugkonzern Sanrio plant für 200 Millionen Dollar einen Hello-Kitty-Park.

Die ehrgeizigsten Projekte schiebt derzeit aber der chinesische Unterhaltungsriese Dalian Wanda an. Firmengründer Wang Jianlin hat sein Vermögen mit Immobilien gemacht, betreibt inzwischen weltweit aber mehr als 160 Einkaufszentren und 70 Luxushotels. Seit 2012 gehört seiner Firma die AMC-Gruppe, der größte Kinobetreiber der USA. Wanda macht derzeit Schlagzeilen mit der geplanten Übernahme des Hollywood-Filmstudios Lionsgate. In China will Wanda über das ganze Land verteilt rund ein Dutzend Freizeitparks errichten.

Am weitesten gediegen ist der Wanda Movie Park in der Zehnmillionenmetropole Wuhan. Neben einem Park mit klassischen Fahrgeschäften ist die Hauptattraktion ein gigantisches 5D-Theater mit einer mehr als 200 Quadratmeter großen und 800 Tonnen schweren LED-Leinwand. Gezeigt wird täglich die sogenannte Han-Show. Dabei handelt es sich um eine 90-minütige, bombastisch aufgemachte und mit allen technischen Raffinessen ausgestattete Erlebnis-Show mit live auftretenden Akrobaten. Thema: Chinas nationale Errungenschaften. Die künstlerische Leitung hat Franco Dragone, der die weltweit erfolgreiche kanadische Zirkusgruppe Cirque du Soleil mit aufgebaut hatte. Für seine zwölf Erlebnisparks will Wanda bis zum Jahr 2020 mehr als 20 Milliarden Dollar ausgeben.

Der Themenpark-Wahn ist in vollem Gang. Dabei gibt es in China im ganzen Land bereits mehrere Hundert Vergnügungsparks. Die meisten von ihnen haben in den 1990er Jahren chinesische Lokalregierungen errichtet. Viele Chinesen waren da schon große Fans der Disney-Charaktere. Doch der US-Konzern zeigte damals wenig Interesse an China.

Die Chinesen schufen sich darum ihre eigenen Disneylands, inklusive nachgemachtem Cinderella-Schloss. Doch den chinesischen Betreibern fehlte es an Gespür, die nachgemachten Freizeitparks ausreichend zu pflegen. Die meisten von ihnen sind heute heruntergekommen. Den Shijingshan Amusement Park im Norden Pekings etwa hat seit mehr als zehn Jahren kein Kind mehr betreten. Dieser Park soll demnächst der Abrissbirne zum Opfer fallen.