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Billig, billiger, Yuan

 

Zum zweiten Mal in Folge hat Chinas Zentralbank den Yuan abgewertet. Im Verhältnis zum US-Dollar lag der Abschlag bei 1,6 Prozent. Bereits am Vortag hatte der Yuan 1,9 Prozent an Wert verloren.

Kritiker klagen nun, die chinesische Führung würde den Wechselkurs manipulieren und sich so Vorteile für die heimische Exportwirtschaft verschaffen. Denn ein billiger Yuan macht chinesische Produkte auf den Weltmärkten ebenfalls günstiger. Kritik kommt vor allem aus den USA, verschiedene US-Politiker warnen vor einem Rückfall in alte Reflexe. Doch so überraschend es klingen mag: Genau das Gegenteil ist der Fall. Die jüngste Abwertung ist Teil der anhaltenden Liberalisierung der chinesischen Währung.

Die Führung in Peking hat in den vergangenen Monaten mehrfach betont, dass sie an ihrem Ziel festhalten will, den Yuan zu flexibilisieren. Der Markt soll bei der Bestimmung des Wechselkurses eine immer größere Rolle spielen. Der Grund ist simpel: China will dem Yuan international ein größeres Gewicht verleihen. Ein – wenn auch eher symbolischer Schritt – steht unmittelbar bevor: Im Herbst wird der Internationale Währungsfonds (IWF) über die Aufnahme des Yuan in seinen Währungskorb entscheiden. Peking hofft darauf, dass der Yuan neben Dollar, Euro, Pfund und Yen ebenfalls als globale Reservewährung anerkannt wird. Voraussetzung dafür ist jedoch, das Peking sich an internationale Standards hält und die staatliche Kontrolle über den Wechselkurs lockert.

Anders als andere Währungen ist der Yuan bis heute nicht völlig frei konvertierbar. Die Zentralbank, die unmittelbar den Anweisungen der chinesischen Führung folgt, legt jeden Tag einen Kurs zum Dollar fest. Jeder Dollar, jeder Euro und jeder Yen, der nach China fließt, wird von der Zentralbank einbehalten, die zu dem von ihr definierten Wert wiederum Yuans austeilt.

Viele Jahre lang hatte China seine wirtschaftliche Entwicklung befeuert, indem sie den Wechselkurs insbesondere zum Dollar möglichst niedrig ansetzte. In der Volksrepublik hergestellte Produkte blieben im Ausland so billig. Mit dieser Währungspolitik konnte die chinesische Führung enorme Exportüberschüsse erzielen. Die so angehäuften Währungsreserven liegen mittlerweile bei gigantischen 3,7 Billionen Dollar. Zu Recht monierten die USA, China würde sich auf unredliche Weise Handelsvorteile verschaffen.

IWF begrüßt Abwertung

In den vergangenen Jahren hat sich die Aufregung um Chinas Währungspolitik aber deutlich gelegt. Der Yuan bleibt zwar am Dollar gekoppelt. Seit knapp zwei Jahren lässt die chinesische Zentralbank aber immerhin eine tägliche Handelsspanne von plus/minus zwei Prozent zu.

Nun läuft Chinas Wirtschaft aber mittlerweile nicht mehr so gut. Viele Branchen leiden unter Überkapazitäten, das Wachstum schwächt sich ab. Vor allem die Exporte gehen zurück. Letzteres ist auch auf die ultra-lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank zurückzuführen. Im vergangenen Jahr hat der Euro zum Yuan mehr als 30 Prozent an Wert verloren. Der Verdacht liegt daher nahe, dass China mit den jüngsten Abwertungen in den Wettlauf um die niedrigste Währung einsteigt. Einige Medien beschwören bereits einen nächsten Währungskrieg. Doch dieses Mal ist der Vorwurf nicht berechtigt.

Momentan sind es die USA, die eine äußerst robuste Wirtschaft aufweisen. Die Industrieproduktion steigt, die Arbeitslosigkeit geht zurück. Seit Monaten wird erwartet, dass die US-Notenbank Fed ihre Niedrigzinspolitik aufgibt und die Leitzinsen anheben könnte. Den Schwellenländern droht deshalb eine Kapitalflucht, weil Anleger ihr Geld abziehen und lieber in den USA investieren. Mit einer so guten Wirtschaftslage kann China nicht aufwarten. Würde die chinesische Zentralbank weiter rigide an der Dollar-Bindung festhalten, müssten sich die Chinesen den umgekehrten Vorwurf gefallen lassen: Sie haben ihre Währung überbewertet.

Anders als die alarmistischen Töne einiger US-Politiker begrüßt der IWF denn auch die jüngste Abwertung der chinesischen Währung. Sie sei ein „willkommener Schritt“ in Richtung einer größeren Flexibilität. Genau das haben Marktliberale nicht zuletzt aus den USA von China stets gefordert.