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Brauchen wir Frauen-Radwege?

 

England diskutiert über Radwege. Die ehemalige Arbeitsministerin Meg Hillier möchte eine Kriechspur für Frauen und eine Schnellfahrspur für Männer einrichten. Die geschlechtsspezifische Einteilung ist absurd – aber der Vorschlag geht in die richtige Richtung.

Denn die Geschwindigkeiten auf Radwegen variieren stark. Langsamere Radfahrer bremsen darum schnellere aus, sofern der Platz zum Überholen fehlt. Allerdings hat das Problem weniger mit dem Geschlecht zu tun, wie Hillier glauben machen will, als mit den Radwegebreiten. „Es gibt in den meisten britischen Städten kaum Platz für eine Radspur“, hält Andrew Critchlow vom Telegraph Hillier entgegen. Geschweige denn für zwei Spuren.

Das ist der eigentliche Punkt. Die Radwege sind in der Regel zu schmal, hier muss dringend nachgebessert werden. Nicht nur in England. Es ist Quatsch, wie Meg Hillier einen Buhmann auszumachen – in diesem Fall den männlichen Rennradfahrer, der sportlich, gelassen und unverfroren durch den Verkehr flitzt. Auch auf Radwegen muss man einander mit ausreichend Abstand überholen können. Wo ausreichend Platz ist, wird kein Rennradfahrer langsamere Fahrer absichtlich attackieren.

Wenn allerdings ein langsamer Radfahrer den Weg versperrt, möchte jeder, ob Männlein oder Weiblein, gerne überholen – egal mit welchem Rad. Man will vorbei, irgendwie. Würde ich auch wollen, wenn ich zügig zur Arbeit fahre. Autofahrer hupen in einem solchen Fall. Radfahrer klingeln, rufen und schlängeln sich vorbei. Das ist nicht immer gentlemenlike, aber menschlich.

Mit der Verbreitung der Elektroräder wächst das Problem

In vielen Städten Europas sind mehr und mehr Radfahrer unterwegs. Diesen Trend unterstützen die Städte. Die unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf den Radwegen beachten sie allerdings kaum. Aber durch den steigenden Anteil der Elektroräder werden die Geschwindigkeiten weiter zunehmen – und mit ihnen die Probleme. Dann gibt es die Bummelbiker, die sportlichen Fahrer und die Fraktion auf dem Elektrorad, das 25 km/h fährt.

Selbst Kopenhagen mit seinen breiten Radwegen stößt an Grenzen. An hochfrequentierten Schlüsselstrecken beginnt die Stadt, die Wege zu verbreitern, wie Stadtplanerin Helle Søholt aus Kopenhagen kürzlich im ZEIT ONLINE-Interview berichtete. Die Dänen versuchen, Radwege in zwei Spuren zu teilen, sodass schnellere Radler langsamere überholen können. Dabei experimentiert die Stadtverwaltung damit, ganze Straßen für Autos zu sperren und dort nur noch Radfahrer, öffentlichen Nahverkehr und eventuell noch Anlieger zuzulassen.

Statt immer wieder einen Verkehrsteilnehmer als schwarzes Schaf zu titulieren, sollten die Verkehrsplaner in den Städten und Kommunen ehrlich die Karten auf den Tisch legen. Der Platz in den Straßen ist endlich. Wenn wir in Städten leben wollen, in denen wir nicht permanent im Stau stehen, sondern der Verkehr fließt, muss der Platz neu verteilt werden. Jeder muss etwas von seinen Rechten abgeben. Die Autofahrer die ein oder andere Straße, und dafür müssen sich auch Radfahrer von der ein oder anderen Straße fernhalten und auch mal warten können.