Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Ein Marktplatz für Gebrauchträder

 

© Reidl
© Reidl

Vor vier Jahren habe ich mein Reiserad gekauft. Ein Rundumsorglos-Rad mit Rohloff-Nabe, Shimano-Nabendynamo, Lichtanlage von Busch und Müller, Kettenschutz, Tubus-Gepäckträger und Lowrider und einem Alurahmen von Cust Tec mit Wunschlack. Jetzt habe ich das Rad von bikesale zu Testzwecken schätzen lassen. Bikesale ist eine relativ neue Verkaufsplattform für gebrauchte Fahrräder. Ihre Macher wollen langfristig so etwas wie die Schwacke-Liste für Fahrräder entwickeln.

Im März ging das Portal online; im August waren laut bikesale-Geschäftsführer Jan-Oliver Hartmann rund 5.800 Räder registriert. Das Angebot reicht vom Bahnhofsrad im Wert von 50 Euro bis zum Tandem aus Titan für 7.000 Euro.

Verkaufsportale wie bikesale gibt es viele. Sie heißen unter anderem Pedalantrieb, Deal my wheel, Speiche24, BikeExchange oder E-Bike.com. Was mir an bikesale gut gefällt und bislang ein Alleinstellungsmerkmal ist: die Kaufberatung des neuen Portals und die Möglichkeit, das Fahrrad, das man verkaufen möchte, schätzen zu lassen.

Zurzeit bearbeiten die Mitarbeiter noch jede Anfrage persönlich, und binnen 24 Stunden soll jede Kaufberatung oder Fahrradschätzung abgearbeitet sein. Im Schnitt werden täglich acht bis zehn Kaufberatungen erstellt. „Nach dem Wochenende sind es schnell zwischen 30 und 40“, sagt bikesale-Sprecher Thomas Bergmann. Dann kann es schon mal zwei Tage dauern. In absehbarer Zeit soll die Beratung aber automatisiert werden. Die Idee ist, eine Liste für Fahrräder zu erstellen, mit deren Hilfe man sofort sieht, wie viel ein Marken-Mountainbike, ein Renn- oder Reiserad nach fünf, zehn oder zwanzig Jahren noch wert ist. Doch das ist noch Zukunftsmusik.

Meine Kaufanfrage war bewusst unkonkret. Ich gab eine Frage weiter, die mir Gelegenheitsradler immer wieder stellen: „Ich brauche ein Rad für die Stadt und für kleine Ausflüge bis etwa 20 Kilometer. Es soll maximal 500 Euro kosten.“ Nach einem halben Tag bekam ich die Antwort mit 14 möglichen Rädern. Die Bandbreite hat mir gut gefallen. Sie reicht vom Bergamont Vitess bis zum Stevens Randonneur, die ich auch beide im Netz gebraucht für 500 Euro und weniger gefunden habe, unter anderem in Kleinanzeigen und nicht bei bikesale.

Außerdem lieferten die Berater noch eine kurze Erklärung zu Naben- und Kettenschaltung und erläuterten, dass die Räder für 500 Euro etwa ein bis vier Jahre alt sein sollten und dass man den Verkäufer um Original-Rechnungen bitten sollte. Für Laien nützliche Informationen.

Überraschend wenig Geld fürs Gebrauchte

Als ich den Verkaufspreis für mein Reiserad erhielt, war ich im ersten Moment etwas beleidigt. Mein Rad, das vor vier Jahren rund 2.400 Euro gekostet hatte, sollte nur noch 1.100 bis 1.500 Euro wert sein – je nach Zustand. Dafür würde ich es nie hergeben. Aber ideeller und reeller Wert eines Fahrrads klaffen häufig weit auseinander. Wäre ich gezwungen, es zu verkaufen, würde ich es mit 1.800 Euro ansetzen.

Damit liege ich im Trend. Viele Verkäufer, die ihr Rad von bikesale schätzen lassen, stellen es für einen höheren Preis ein, wie Sprecher Bergmann berichtet. Mit dem Ergebnis, dass sie dann nicht gekauft würden.

Laut Bergmann kann jeder folgendermaßen den Wert seines Fahrrads pauschal ermitteln: Im ersten Jahr verliere es etwa 30 Prozent an Wert, in jedem weiteren rund 10 Prozent. Für die individuelle Schätzung durch bikesale spielen neben dem Alter, den gefahrenen Kilometern und dem allgemeinem Zustand auch Ausstattung und Zubehör eine Rolle. In den Preis fließen auch der Zeitpunkt des Verkaufs – startet die Saison oder endet sie? – sowie das Image der Marke ein. Weitere entscheidende Faktoren sind Rahmenhöhe und Laufradgröße.

Bis August wurden rund 1.000 Räder über bikesale verkauft. Das Einstellen ist kostenlos, ab einem Verkaufswert von 60 Euro verlangt die Plattform vom Käufer drei Prozent Provision.

Bikesale ist sehr übersichtlich und nutzerfreundlich aufgebaut. Wer sich für ein Rad interessiert, findet unter dem Angebot einen Button, um einen Termin für eine Probefahrt zu vereinbaren. Klickt man auf „kaufen“, erscheinen gleich die Kosten für Versand und die zusätzlichen Infos für den Käufer. Man merkt, die Macher der Seite sind Radfahrer und haben selbst schon häufiger im Netz gekauft oder verkauft.