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Berliner Fahrradmessen: Schöner Radfahren

 

Berliner Fahrradschau © Reidl
Berliner Fahrradschau © Reidl

Auf der Händlermesse Eurobike standen im vergangenen Jahr die E-Bikes in der ersten Reihe. Die beiden Messen VELOBerlin und Berliner Fahrradschau haben am Wochenende in der Hauptstadt einen anderen Trend betont: Radfahren soll Spaß machen, der Fahrer soll seinen persönlichen Stil in seinem Rad, der passenden Kleidung und in den entsprechenden Accessoires wieder finden. Das galt bereits vor Jahren für Hipster und Fahrradfreaks. Jetzt wird dieser Anspruch auf alle Fahrradgattungen und viele Komponenten ausgedehnt.

Die Berliner Fahrradschau, in der Event-Location Station in Kreuzberg, bildet diese Haltung exzessiver ab als die VELOBerlin. In der ersten Halle hatten Besucher zeitweise das Gefühl, von Wohnzimmer zu Wohnzimmer oder von Party zu Party zu gehen. Da standen schöne Stahl-Rennräder auf Holzkisten zwischen alten braunen Ledersofas; ein paar Schritte weiter posierten Männer mit Fliege, Hemd und Hosenträgern auf braunen Stadträdern mit Weidenkorb, während gegenüber der britische Hersteller Otto London bunte Regenponchos für Kinder und Erwachsene verkaufte.

Berliner Fahrradschau © Reidl
Räder auf der Berliner Fahrradschau © Reidl

Berliner Fahrradschau © Reidl
Berliner Fahrradschau © Reidl

Dazwischen gab es immer wieder Sofas und Sitzkissen zum Ausruhen und Plaudern – mit anderen Besuchern oder Ausstellern bei Gin, Bier oder Kaffee.

Berliner Fahrradschau © Reidl
Berliner Fahrradschau © Reidl

Die Messen zeigen: Die Ansprüche der Kunden an das Fahrzeug, die Accessoires und die Infrastruktur steigen. Wer sich heutzutage in der Stadt aufs Fahrrad setzt, will mal schnell, mal gemütlich voran kommen und mal viel, mal wenig Gepäck transportieren. Dazu entwickeln vor allem kleine Anbieter passgenaue Lösungen.

Ein Beispiel dafür ist das Bicicapace aus Italien: Das Lastenrad ist eine schöne Alternative zu den herkömmlichen Cargobikes. Es erinnert an ein typisches Damen-Citybike, hat am Lenker aber einen zusammenklappbaren stabilen Gepäckträger oder eine 75 Liter fassende wasserdichte Tasche. Das Rad gibt es mit und ohne Motor. Auf einer kurzen Testfahrt fuhr es sich sehr sicher und wendig. Das Bicicapace ist ein guter Gegenentwurf für Fahrer, die daheim wenig Platz haben oder kein Rad mit großer Ladefläche fahren wollen.

Berliner Fahrradschau © Reidl
Bicicapace auf der Berliner Fahrradschau © Reidl

Berliner Fahrradschau © Reidl
Berliner Fahrradschau © Reidl

Wer in der Stadt auf dem Rennrad oder Mountainbike unterwegs sind, trägt sein Gepäck meistens am Körper. Für diese Radgattungen hat Christian Nitschke einen formschönen Gepäckträger entworfen und ihm den Namen Urbix gegeben. Urbix besteht ganz schlicht aus bis zu zwei gebogenen Bügeln, die parallel zum Reifen verlaufen, wie hier auf dem Foto zu sehen:

Berliner Fahrradschau © Reidl
Berliner Fahrradschau © Reidl

An den Bügeln befestigt man seine Tasche – die Varianten tragen laut Nitschke acht oder 15 Kilogramm. Weniger Gepäckträger geht kaum.

Berliner Fahrradschau © Reidl
Berliner Fahrradschau © Reidl

Florian Haeussler und Phillip Zwanzig von dem Hersteller Fern haben ihr Reiserad mit selbst konstruierten Gepäckträgern ausgestattet. Zusammen mehr als 30.000 Kilometer haben die beiden im Sattel verbracht. Anhand ihrer Erfahrungen haben sie ihre Räder immer wieder für lange Touren optimiert. Dabei ist das Chacha, das man in dem Bild unten sieht, mit dem kleinen Gepäckträger hinten eher für eine kurze Tour gedacht. Mit den 26-Zoll-Rädern bewegen sich Haeussler und Zwanzig klar gegen den aktuellen Trend, der zu größeren Maßen geht. Aber die beiden haben ein eigenes Verständnis davon, wie Räder sein sollen: agil, leicht, steif und wendig. „Mit diesem Rad kann man freihändig den Berg herunterfahren, wenn es beladen ist“, sagt Phillip Zwanzig.

Rahmenbau auf der BFS © Reidl
Berliner Fahrradschau © Reidl

Die Berliner Fahrradschau wird ihrem Ruf als Lifestyle-Messe rund ums Fahrrad gerecht. Was auf der Messe fehlt, ist die politische Dimension. Diskussionen beispielsweise über Infrastruktur, Verkehrskonzepte in Europa oder Lastenräder für Privatpersonen kommen nicht vor. Hierin ist dagegen die VELOBerlin stark. Diese Messe bedient zwar teilweise ebenfalls den hippen Lifestyle mit Lastenradrennen oder Kurzfilm-Festival, und auch dort findet man Taschen, Trikots und Räder, die in Berliner Hinterhöfen entworfen und gefertigt werden. Aber die VELOBerlin greift auch bodenständige Themen auf wie die Probleme von Alltagsradlern oder ansprechende Alternativen für Radler mit Handicap.

Berliner Fahrradschau © Reidl
Berliner Fahrradschau © Reidl

VELOBerlin © Reidl
VELOBerlin © Reidl

Bei der Berliner Fahrradschau glänzen in verschiedenen Rennen die Besten der Szene; bei der VELOBerlin stehen im Parcours die Mountainbike-Coachs und geben Einsteigern und Fortgeschrittenen Tipps.

Die beiden Messen ergänzen sich gut, ihre Schnittmenge ist überschaubar. Sie an einem Wochenende zu präsentieren, ist sinnvoll und zeigt die Vielfalt der Szene und auf dem Radweg auf.