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Bundesregierung: Neue Regeln für Radfahrer geplant

 

Das Bundesverkehrsministerium will die Radverkehrsregeln der aktuellen Entwicklung auf der Straße anpassen. Das ist längst überfällig, geht aber beim S-Pedelec nicht weit genug.

Endlich: Ist die Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) erst einmal umgesetzt, dürfen Eltern und Kinder gemeinsam auf dem Bürgersteig Rad fahren. Bislang ist das verboten. Noch gilt: Bis zu ihrem achten Lebensjahr müssen Kinder mit dem Rad auf den Bürgersteig, bis zu ihrem vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen sie es. Ihre Aufsichtspersonen dagegen sind laut Paragraf 2, Absatz 5 der StVO verpflichtet, auf der Straße oder dem Radweg zu fahren.

Dieser Paragraf bringt Eltern immer wieder in Schwierigkeiten, denn die StVO kollidiert mit ihrer Aufsichtspflicht. Schließlich müssen jüngere Kinder beim Radfahren angeleitet werden. Sie haben nicht jede Ausfahrt im Blick, die den Gehweg kreuzt. Zudem sind Kinder Träumer, sie lassen sich schnell ablenken und brauchen die Hinweise ihrer Eltern. Das ist von der Straße oder dem Radweg aus aber nicht immer möglich. Vor allem dann nicht, wenn der Gehweg hinter Parkplätzen oder Blumenbeeten liegt.

Aus diesem Grund begleiten bereits heute Eltern ihre jüngeren Kinder auf dem Gehweg. Von den Fußgängern und der Polizei wird das meistens toleriert. Mit der Novelle wird das Problem nun endlich behoben, es besteht dann Rechtssicherheit. Aufsichtspersonen dürfen auf dem Gehweg Rad fahren, um ihre radelnden Kinder zu begleiten.

Was genau ist ein E-Bike?

Für Verwirrung sorgte dagegen eine Meldung des Bundesverkehrsministeriums. Im Juli hieß es, dass das Ministerium den zuständigen Straßenverkehrsbehörden die Freigabe von Radwegen für E-Bikes ermögliche, durch die Einführung des Zusatzzeichens „E-Bikes frei“.

Der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) meldete daraufhin: „Bundesregierung will Radwege für S-Pedelecs öffnen“.

Das ist aber nicht der Fall. Auf Nachfrage teilte der Sprecher des Ministeriums ZEIT ONLINE mit, dass mit „E-Bikes“ Fahrzeuge gemeint seien, die sich mithilfe des Elektroantriebs bis 25 km/h beschleunigen lassen – allerdings ohne gleichzeitiges Treten. Unter E-Bikes versteht die Bundesregierung also weiterhin die Mofa-Variante des Fahrrads mit Elektroantrieb: eine Beschleunigung per Drehgriff und nicht per Pedalkraft.

Solche Räder sind jedoch auf dem deutschen Markt so gut wie gar nicht vertreten, wie Siegfried Neuberger, Geschäftsführer vom ZIV, bestätigt. Deshalb ist die geplante Neuregelung der Bundesregierung eigentlich überflüssig.

Allerdings zeigt sich hier ein deutschlandspezifisches Problem. Überall auf der Welt spricht man bei Elektrofahrrädern von E-Bikes. Nur in Deutschland unterscheidet man zwischen Pedelecs (die Abkürzung für Pedal Electric Cycles) und E-Bikes.

Es wäre höchste Zeit, sich von dieser Wortschöpfung zu verabschieden, da sie nirgendwo sonst auf der Welt verwendet wird. Selbst innerhalb der Branche verwenden deutsche Händler, Hersteller und auch der ZIV in der Regel die Bezeichnung E-Bikes, wenn sie Pedelecs meinen.

S-Pedelecs weiterhin auf der Straße  

S-Pedelecs dagegen können theoretisch bis 45 km/h fahren und gelten europaweit als Kleinkrafträder. Generell dürfen sie nicht auf Radwegen fahren. Die Radwege seien für die hohen Geschwindigkeiten infrastrukturell oftmals nicht ausgelegt, sagte der Pressesprecher des Ministeriums. Zudem sei die Geschwindigkeit zwischen Rädern und S-Pedelecs so unterschiedlich, dass der Druck zu überholen sehr hoch sei. Wenn sich S-Pedelecs und Radfahrer den Radweg teilen, kann es  aber zu Problemen beim Überholen kommen. Häufig sind die  Wege zu schmal – selbst für Radfahrer, die einander überholen.

S-Pedelecs sind aber auch nicht auf jeder Straße gut aufgehoben. Sie sind schließlich keine Motorräder. Die theoretisch möglichen 45 km/h erreicht nicht jeder Fahrer permanent, viele bewegen sich im Bereich zwischen 30 bis 35 km/h. Mit dieser Geschwindigkeit kann man durchaus den Autoverkehr behindern.

Hier muss die Bundesregierung aktiv werden und die Radinfrastruktur an die Möglichkeiten der neuen Fahrzeuge anpassen, denn das Problem wird in den kommenden Jahren mit der stetig steigenden Zahl von verschieden schnellen Pedelecs auf den Straßen zunehmen.

Rein rechtlich ist es laut Ministerium bereits heute möglich, Radwege im Einzelfall auch für S-Pedelecs zu öffnen. Der ZIV setzt sich dafür ein, Radwege außerhalb geschlossener Ortschaften für S-Pedelecs freizugeben. Außerorts dürfen sie bislang nur auf der Straße fahren. „Hier werden sie oft als ärgerliches Hindernis von schneller fahrenden Verkehrsteilnehmern wahrgenommen“, sagt Neuberger.

Laut Ministeriumssprecher dürfen die Straßenverkehrsbehörden bereits heute bei Bedarf auch Radwege für andere Verkehrsmittel mithilfe von Zusatzzeichen öffnen. Die Antwort auf die Frage, wie so ein Zeichen aussieht und ob und wo das bereits Praxis ist, steht noch aus.

Wann die Novelle der StVO in Kraft tritt, ist noch nicht bekannt. Zurzeit ist der Referentenentwurf im Verkehrsministerium in Arbeit.