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Sicher radeln geht in jedem Land anders

© ADFC/Jens Schütte

Die University of British Columbia an der kanadischen Westküste hat unlängst eine Studie vorgestellt, der zufolge sich das Unfallrisiko für Radfahrer bei einer guten Radverkehrsinfrastruktur halbiert. Die sieht in Kanada allerdings anders aus als in Deutschland.

Die Wissenschaftler haben die Ursache von 690 Fahrradunfällen in Toronto und Vancouver von 2008 und 2009 analysiert und sie zu 14 verschiedenen Straßentypen in Bezug gesetzt. Ihr Ergebnis: Am gefährlichsten für Radfahrer ist das Fahren auf Straßen mit am Rand parkenden Autos ohne jegliche Radwegeinfrastruktur. Dort ist das Risiko, von Autofahrern übersehen zu werden, etwa beim Öffnen der Türen oder beim Ausparken, am größten.

Das Unfallrisiko sinkt den Forschern zufolge auf die Hälfte, wenn es für Radfahrer eigene Wege gibt. Dazu gehören gekennzeichnete Fahrspuren auf Straßen ohne Parkmöglichkeit am Rand, Radrouten durch Wohngebiete oder eigene Radwege etwa durch einen Park. Das niedrigste Unfallrisiko herrscht auf Radwegen, die zwar entlang von Straßen verlaufen, aber durch einen Bordstein getrennt sind. Dort sinke die Unfallgefahr auf ein Zehntel, heißt es in der Studie. Die Autoren verweisen dabei auf die Vorreiterrolle von Ländern wie Dänemark und Deutschland.

Hierzulande geht der Trend allerdings weg von eigenen Radwegen. Angehenden Verkehrsplanern wird beigebracht: Radfahrer sollen sich mit Autofahrern die Straße teilen – dazu gibt es auf neuen Straßen in der Regel eine eigene Fahrbahnmarkierung für Radfahrer. Der Grund: Autofahrer sollen die Radfahrer sehen.

Untersuchungen in Deutschland haben gezeigt, dass der Anteil an schweren Radverkehrsunfällen an Knotenpunkten besonders hoch ist, wenn dort ein Radweg getrennt von der Straße verläuft. An Ampelkreuzungen, Einmündungen oder Fahrbahnquerungen übersehen Autofahrer leicht Radfahrer. Das ist nicht zwangsläufig die Schuld unachtsamer Autofahrer. Oft können die Fahrer die Velos nicht sehen, weil parkende Autos oder Baumreihen sie verdecken.

Um das zu ändern, wurde in den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) von 2010 festgelegt, wie zukünftig Radwege angelegt werden sollen. Zentrale Punkte sind: Wenn möglich, sollen Velos auf der Straße rollen; Kreuzungen sollen gut einsehbar sein.

Kreuzung im Zentrum von Kopenhagen © Reidl

Allerdings gibt es auch zahlreiche Radfahrer, die gar nicht auf der Fahrbahn unterwegs sein wollen. Vielen geht es wie Birgitte Tovborg Jensen, Kulturattaché der dänischen Botschaft in Berlin. Sie findet es gefährlich, dass sich in Berlin Bus- und Radfahrer eine Spur teilen. Ihr ist die Verkehrsführung in Kopenhagen lieber. Dort fährt sie auf breiten Radwegen, die parallel zur Hauptverkehrsstraße verlaufen, aber baulich oder farblich von der Autospur klar getrennt sind. Das gibt ihr Sicherheit.

Dabei weicht die subjektive Sicherheit von der objektiven oft ab. „Viele Radfahrer wechseln vor einem Kreisverkehr lieber auf einen Fußweg, weil sie sich dort sicherer fühlen. Dort passieren dann die Unfälle“, sagt Klaus Brandenstein, Sprecher der Unfallforschung der Versicherer. Objektiv seien Radfahrer im Kreisverkehr viel besser unterwegs.

Auch wenn die Verkehrsforscher verschiedener Länder je nach den räumlichen Gegebenheiten unterschiedliche Erfahrungen machen, so ist dies wohl allgemeingültig: Nur wenn sich die Menschen auf ihrer Fahrspur wohl fühlen, steigen sie regelmäßig aufs Rad.

 

Times macht mobil für sicheren Radverkehr

Die Times-Reporterin Mary Bowers war mit ihrem Fahrrad in London auf den Weg in die Redaktion. Kurz vor ihrer Ankunft wurde sie von einem Lastwagen überrollt. Das war ziemlich genau vor einem Jahr. Seitdem liegt die Journalistin im Koma. Im Februar startete die Times eine Sicherheitskampagne für Radfahrer, die ihresgleichen in der Medienlandschaft sucht. „Cities fit for cycling“ mobilisiert Radfahrer und Politiker in der Metropole. Weiter„Times macht mobil für sicheren Radverkehr“