Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Puppenweltkriegstheater

 

© Ulrike Gutbrod

„Und jetzt los, ihr Ärsche, Premierenfeier! Tanzen! – so beendet der Regisseur Patrick Wengenroth die erste Vorstellung des Weltkriegstheaters Die letzten Tage der Menschheit. Es ist der Abschluss einer  Inszenierung, die sich ohne falsche Scheu an Karl Kraus‘ monumentales Werk wagt.

Unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs beginnt Karl Kraus 1915 sein dokumentarisches Drama Die letzten Tage der Menschheit. Das Stück ist eine Satire, die den Krieg ad absurdum führt. Im Jahr 1922 umfasst es 1000 Seiten mit mehr als 500 Figuren in 220 Szenen. Es ist gespickt mit Artikeln, Befehlen, Protokollen, unzähligen Zitaten und surrealen Elementen. Angesichts des Werkumfangs empfiehlt Kraus von der Inszenierung abzusehen, erstellt selbst eine Bühnenfassung.

Der Regisseur Patrick Wengenroth kennt hingegen kein Erbarmen mit dem Publikum – aus Satire wird buchstäblich Karikatur: Mal rockt die Berliner Band Die Türen die Bühne, mal gehört sie alten Bekannten aus dem Kinderprogramm wie den Simpsons oder den Muppets und dann wieder Wengenroth selbst. Alles ist überzeichnet, die Szenen folgen dicht auf dicht und sind dabei inhaltlich nur lose aneinander gereiht. In diesem aberwitzigen Kontext gewinnen die ernsten Momente an Kraft. Den Zuschauern steht der Irrsinn des Krieges deutlich vor Augen – und genau das bezweckt Wengenroth mit seinem „intelligenten Klamauk“.

19.30 Uhr | 26. Oktober | Hebbel am Ufer 2 | Hallesches Ufer 32 | Berlin Kreuzberg