Lesezeichen
 

Der Stadtraum und sein skulpturales Gedächtnis

© Salon Populaire

Erik Göngrich ist im Salon Populaire zu Gast.

Der heutige Salon verspricht eine willkommene Abwechslung zur Berliner Denkmal-Debatte: Der Künstler Erik Göngrich erkundet als gelernter Architekt den Stadtraum von Metropolen wie Buenos Aires, Paris oder Istanbul. Dabei interessiert aber nicht etwa deren Zentrum oder ihre Geschichte. Er durchstreift die städtische Peripherie, erkundet Problembezirke und dokumentiert Monumente der ungeplanten Art. Solche Objekte skulpturalen Charakters entstehen, wenn die Bewohner sich ihren urbanen Lebensraum aneignen, seine Leerstellen füllen, ihr Alltag Spuren hinterlässt. Weiter„Der Stadtraum und sein skulpturales Gedächtnis“

 

Geballte Kunst

Laetitia Gendre, The Direct Matching Hypothesis (Raumansicht) © Courtesy Galerie Thomas Fischer

Auf dem ehemaligen Tagesspiegel-Gelände eröffnet nun auch die Galerie Thomas Fischer – mit einer Ausstellung über Zielscheiben.

Bisher arbeitete Thomas Fischer für die Sammlung Hoffmann, betrieb mit einigen anderen Mitarbeitern den Projektraum Souterrain in den Sophie-Gips-Höfen und machte die obligatorischen freien Projekte. Jetzt eröffnet er im Hinterhof des Tagesspiegel-Gebäudes seine eigene Galerie.

Malerei sei bisher keine geplant, erklärt Fischer. Ansonsten solle sich das Programm auf junge zeitgenössische Kunst konzentrieren – durchbrochen von älteren Positionen. (Nächstes Jahr will er Arbeiten des Rheinländers Joachim Bandau aus den Siebzigern zeigen.)

Zum Auftakt präsentiert die Galerie The Direct Matching Hypothesis mit Zeichnungen sowie eine Dia-Installation der französischen Künstlerin Laetitia Gendre. Sie hat sich eingehend mit den Bildern auf Zielscheiben beschäftigt: Gendre recherchierte in Schützenvereinen und Sportschießanlagen.

18 Uhr | 15. April 2011 | Galerie Thomas Fischer | Potsdamer Straße 77-87 (Haus H) | Berlin Schöneberg

 

Und noch ’ne Dependance

Rebecca Ann Tess, Hidden Angst, 2011 © Courtesy Figge von Rosen, Köln

Am Wochenende eröffnet die Kölner Galerie Figge von Rosen neue Räume in Berlin. Natürlich zieht es auch sie an die Potsdamer Straße.

Ihre Ausstellungsräume weihen Philipp Figge und Philipp von Rosen ein mit einer Einzelausstellung der Künstlerin Rebecca Ann Tess. Die Arbeiten von A crime must be committed setzen sich mit der euroamerikanischen Filmgeschichte auseinander, der Entwicklung der Filmcharaktere und den unterschwelligen Ängsten, die die Filmbilder transportieren.

Während die titelgebende Videoinstallation A Crime must be Committed (2010) genretypische Szenen aus Ganster- und Detektivfilmen variiert, greifen die auf Acrylglas gedruckten Bilder jeweils Szenen und Figuren auf, in denen sich die Ängste des weißen, männlichen Zuschauers ausdrücken. Das ist verkopft, dabei interessant und formal ganz spannend.

19 Uhr | 02. April 2011 | Figge von Rosen Galerie Berlin | Potsdamer Straße 98 | Berlin Schöneberg

 

Musik statt Theorie

David Levine & Band © The Office

Im Salon Populaire gibt’s heute mal keine schlauen Konversationen, sondern ein Konzert.

Mit From the department of bad moods #2: Places sind der Künstler David Levine & seine Künstlerkollegen bereits zum zweiten Mal zu Gast in den Kunstsaelen. Der Abend steht unter dem Motto „the deleterious effects of travel“ – und darin dürften sich die vier vielbeschäftigten Jungs auskennen. Der Fotograf Joe Dilworth und der Künstler Viktor Timofeev machen zwar nebenher ’nur‘ Musik. Aber der Maler Daniel Kingery kuratiert außerdem und Levine dreht Filme. Drinks gibt’s natürlich auch.

Und wenn man schon mal da ist: Im gegenüberliegenden Raum zeigt die Galerie Aanant & Zoo Michael Dreyer und Sven-Ole Frahm.

20 Uhr | 23. März 2011 | Salon Populaire | Bülowstraße 90 | Berlin Schöneberg

 

Gummistiefel Kunstsafari

Die Ausstellungsreihe Stay hungry verpflanzt Gegenwartskunst in Schrebergärten.

Der Titel Stay hungry ist angelehnt an einen Bodybuilder-Film (1976) mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle. Darin retten selbstdisziplinierte Bodybuilder ihr vom Verkauf bedrohtes Fitnessstudio vor profitgeilen Finanzjongleuren. Zugleich bezieht sich der Titel auf die Geschichte der Kleingartenkolonien. Ursprünglich als Möglichkeit zur Selbstversorgung in den Städten eingeführt, sollte der Schrebergarten später Großstadtkindern die Möglichkeit zur körperlichen Ertüchtigung bieten.

Heute belächelt man Schrebergärten vor allem als kleinbürgerliche Rückzugsorte. Und genau deswegen haben die Kuratoren Theo Ligthart and Anna Redeker die Schrebergartenparzellen am Gleisdreieck als Ausstellungsfläche gewählt: Die Präsentation an diesem Nicht-Kunstort soll die Frage provozieren, inwieweit es sich beim Kunstbetrieb mittlerweile um eine ebenso „eskapistische Schrebergartenbewegung“ handelt.

Im Gegensatz zur Kunst im öffentlichen Raum, die der Individualisierung eines sonst auswechselbaren Stadtbildes dient, müssen die Künstler hier auf die Gegebenheiten der unterschiedlichen Gärten reagieren. Die mehr als 60 Parzellen sind so individuell wie ihre Besitzer, sie reichen vom Gartenzwergidyll bis zur Wildnis.

Hortus conclusus ist bereits die dritte Episode der Ausstellungsserie. Die Gruppenschau greift die antike Vorstellung eines durch Mauern von der Außenwelt abgeschlossenen Ortes auf und verweist zugleich auf die Idee eines paradiesischen Lustgartens. In einen solchen verwandeln heute Abend neun Künstler die Kleingartensiedlung.

Auch wenn es mit dem geplanten Frühlingserwachen nicht ganz geklappt hat. Für Hartgesottene dürfte der Ausflug ans Gleisdreieck eine nette Abwechslung sein. Ansonsten bleibt immer noch die Theke im Vereinsheim.

19 Uhr | 17. März 2011 |Schrebergärten am Gleisdreick | Bülowstraße Ecke Dennewitzstraße | Berlin Schöneberg

 

Entertainment-Kunst

Apparatjik © Photo: Vincent Furuholmen

Die Neue Nationalgalerie präsentiert The Apparatjik Light Space Modulator.

Das Künstlerkollektion um die Musiker Guy Berryman, Jonas Bjerre, Magne Furuholmen und Martin Terefe Apparatjik arbeitet im Grenzbereich von Kunst und Populärkultur. Die Gründer arbeiten nicht nur mit verschiedenen Künstlern oder Designern zusammen, sondern auch mit Wissenschaftlern wie Astrophysikern oder Kunsthistorikern. In der Neuen Nationalgalerie präsentiert Apparatjik nun ein Einzelprojekt, das Popkultur und Dada-Exzentrik vereint: The Apparatjik Light Space Modulator umfasst eine Installation sowie drei Konzert-Performances.

Die Installation ist eine Hommage an die visuellen Experimente von László Moholy-Nagy, insbesondere seinen Licht-Raum-Modulator (1930). Ein Kubus projiziert bewegte Bilder durch die Glashalle der Neuen Nationalgalerie bis in den Stadtraum. Im Rahmen der Ausstellung finden außerdem drei Konzerte statt, die an die Meta-Musik-Festivals anknüpfen, die in den Siebzigern in der Neuen Nationalgalerie stattfanden.

Samstagabend eröffnet die Apparatjik-Ausstellung mit einer ersten Konzert-Performance. Tickets gibt’s auf www.apparatjik.com. („please to not call museum people about tickets. / they do not have. / apparatjik at neue nationalgalerier in berlin / shurely shome mischtake…? / njet, nix, nein, no.“)

P.S.: Zum Abschluss der Ausstellung wird Apparatjik mit dem Deutschen Kammerorchester eine interaktive Komposition aufführen. Der Konzerttermin fällt auf den 125. Geburtstag Mies van der Rohes, des Architekten der Neuen Nationalgalerie; Moholy-Nagy und van der Rohe unterrichteten beide am Bauhaus.

21 Uhr | 12. März 2011 | Neue Nationalgalerie | Potsdamer Straße 50 | Berlin Schöneberg

 

Temporäre Kinobesetzung

Die Veranstalter des hit&run-Kino verwandeln einen ehemaligen Westclub zum Kinosaal.

Das Konzept der Kinoreihe ist durchaus charmant: Die Filme (OmU) sind keine Blockbuster und der Vorführungsort bleibt geheim. Sehen kann sie nur, wer zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, nämlich dem jeweils kommunizierten Treffpunkt. Heute läuft Dealer (1998) von Thomas Arslan. Darin geht es um Can, der eigentlich lieber in einer Bar arbeiten würde anstatt Drogen zu verkaufen. Der Film spielt, wie sollte es anders sein, in Berlin. Genauer gesagt in Westberlin, wo das kleine, geheimes Screening stattfindet.

21 Uhr | 09. März 2011 | Treffpunkt U2 Bülowstraße (Ausgang Steinmetzstraße /Kirche) | Berlin Schöneberg

 

Reisen als Konzept

Die Galerie Sassa Trülzsch kombiniert weit gereiste Arbeiten von Karin Sander und On Kawara.

Bei akutem Fernweh ist von dieser Vernissage dringend abzuraten. Ansonsten klingt die Ausstellung durchaus sehenswert: Bei Karin Sanders Mailed Paintings handelt es sich um unverpackte grundierte Leinwände, die die Künstlerin durch die Welt schickt. Auf den ehemals weißen Oberflächen zeichnen sich die Spuren dieser Reise ab. Dagegen stehen die Klassiker des ewig reisenden On Kawara. Für die Today Serie (seit 1966) malt der Künstler jeweils das aktuelle Datum in Typographie und Schreibweise seines Aufenthaltsortes auf dunklen Grund. Die Werkgruppe I Am Still Alive (1970-1979) besteht aus Telegrammen mit eben jenem Textlaut, die On Kawara in regelmäßigen Abständen an seine Freunde schickte.

19 Uhr | 04. März 2011 | Sassa Trülzsch | Blumenthalstraße 8 | Berlin Schöneberg

 

Jürgen Drescher präsentiert Jürgen Drescher bei Klosterfelde

Jürgen Drescher, Der Boden unter Benn's Boden, 2008/2010 © Courtesy Galerie Klosterfelde
Lange war Jürgen Drescher bei Isabella Czarnowska zu sehen. Jetzt präsentiert er neue Arbeiten bei Klosterfelde.

Drescher interessiert das Verhältnis von Form und Wirklichkeit. Genauer gesagt geht es in seinen reduzierten Arbeiten um die Möglichkeiten zum Transfer. Mal formt er alltägliche Gegenstände nach, gießt Umzugskartons oder Leitern nach, mal setzt er die Objekte lediglich in einen neuen Kontext. Alltag, das bedeutet für Drescher Künstleralltag, vom Produzieren der Arbeiten bis zu ihrem Verkauf, von der Palette bis zur Messekoje. Die aktuelle Ausstellung Jürgen Drescher greift außerdem die Idee der Künstlerbiographie auf, denn Sprache spielt für Drescher eine immer wichtigere Rolle.

Derzeit kann man Dreschers Arbeiten unter anderem neben Werken von Alicja Kwade, John Bock und Thomas Rentmeister in der Ausstellung Transformed Objects im Düsseldorfer Kai 10 sehen. Seine Siebdrucke zeigt übrigens Helga Maria Klosterfelde Edition.

18 Uhr | 25. Februar 2011 | Galerie Klosterfelde | Potsdamer Straße 93 | Berlin Schöneberg

 

Künstlergespräch bei Tanja Wagner

Šejla Kamerić Red Carpet (Detail) 2011 © Courtesy Galerie Tanja Wagner

Die bosnische Künstlerin Šejla Kamerić diskutiert ihr Werk mit dem Kurator Edi Muka.

Die Galerie Tanja Wagner präsentiert momentan die Arbeiten von Šejla Kamerić. Die bosnische Künstlerin reflektiert in der Einzelausstellung sowohl den Gender-Diskurs als auch ihre Erinnerungen an den Krieg in Bosnien und Herzegowina. Dabei setzt sie den brisanten Themen überraschend zart wirkende Kunst entgegen. Zumindest auf den ersten Blick: Gerade weil ihre gewebten Arbeiten so filigran erscheinen, funktionieren sie für die Künstlerin nämlich als eine visuelle Form des Widerstandes. Überdimensionierte Häckeldecken hängen wie riesige Spinnweben in den Galerieräumen. Und das Herzstück der Ausstellung, den Red Carpet (2011), hat Kamerić aus roten, getragenen Kleidungsstücken gewebt.

Mehr zu ihrer komplexen Arbeit verrät Kamerić heute Abend im Gespräch.

18.30 Uhr | 17. Februar 2011 | Galerie Tanja Wagner | Pohlstraße 64 | Berlin Schöneberg