Lesezeichen
 

Peterchens kosmischer Kreuzzug

1 Stummfilm + 1 Seminargruppe  + 1 Filmwissenschaftlerin + 1 Geräuschemacher + 1 Kabarettist = Science Fashion

Das Geisteswissenschaften durchaus Spaß machen, beweist eine Gruppe FU-Studenten im Kino Babylon mit ihrem kinematographisches Hörspiel Science Fashion. Da vertonen sie nämlich den sowjetischen Sience-Fiction-Stummfilm Aelita-Königin des Mars (1942). Genauer gesagt machen sie daraus Peterchens kosmischer Kreuzzug – und zwar live und direkt mit professioneller Unterstützung von einem Geräuschemacher und einem Kabarettisten.

Das passiert: Erde und Mond haben sich nach dem Krieg voneinander losgesagt. Auf der Mondkolonie herrscht eine Diktatur der Ästhetik. Die Erdbewohner haben sich in eine neue Innerlichkeit geflüchtet. Nur Peterchen erkennt, welche Gefahr die Sterilität der Mondbewohner bedeutet. Er macht sich auf eine abenteurliche Mission…

20 Uhr | 06. Februar 2011 | Kino Babylon | Rosa-Luxemburg-Straße 30 | Berlin Mitte

 

Medienkunst auf allen Kanälen

© RML CineChamber

Viel hilft nicht immer viel.

Die transmediale-Eröffnung im HKW fühlte sich an wie ein Uni-Rundgang. Der Foyerbereich erinnerte an die unordentlichen Arbeitsräume in Medienfakultäten. Vielleicht lag es an den vielen Besuchern. Aber auch die Performances hätten spannender sein können.

Beeindruckend ist hingegen die geradezu rückschrittliche Ausstellung in der Studiogalerie. Dort präsentiert LaborBerlin den Filmzyklus The Secrets Trilogy von Reynold Reynolds, bestehend aus Six Easy Pieces (2010), Secret Machine (2009) und Secret Life (2008). Das Besondere: Der Filmemacher montiert seine Videoarbeiten aus 16-Milimeter-Material und Stills, was ihnen eine eigentümliche Qualität verleiht. Und tatsächlich geht es in den surrealen Szenarien immer auch um die Wahrnehmung von Zeit und Raum, ihre medientechnischen Bedingungen und künstlerischen Ausdrucksformen. Reynolds verweist etwa auf Boticelli, Duchamp oder Muybridge. Durch die räumliche Gegenüberstellung wirken die Mehrfachprojektionen noch eindrücklicher. Aber mit dem großen Thema „Liveness“ hat das wenig zu tun.

Echtzeiterlebnisse bietet hingegen die club transmediale, zum Beispiel mit der CineChamber im HAU. Zehn Bildschirme, Boden-Vibrations-Einheiten und ein leistungsfähigem Soundsystem machen die Darbietungen zum synästhetischen Erlebnis. Und heute Abend bespielen die Box auch noch die Elektro-Klangkünstler von Signal. Carsten Nicolai, Olaf Bender und Frank Bretschneider machen nicht einfach nur elektronische Musik, sondern Kunst – auf einer soliden wissenschaftlichen Basis.

Aberwitzig hört sich auch die performative Ausstellung Regenwald 2011 im West Germany an: Es handelt sich dabei um eine Re-Interpretation von Rainforest, dass der Cage-Pianist David Tudor in den 70er Jahren komponiert hatte. Jedenfalls kommen dabei unter anderem Körperschallwandler zum Einsatz, die auf resonante Objekte im Raum sowie die Architektur selber reagieren. Die Zuschauer beleben besagten Regenwald, indem sie zwischen Künstlern und Objekten umherlaufen. Hier macht Getümmel wenigstens Sinn!

18 Uhr | 02. Feburar 2011 | HAU2 & West Germany | Hallesches Ufer 3 & Skalitzer Straße 133 | Berlin Kreuzberg

 

DAS Weekend

Heute startet das Digital Art + Sound (DAS) Weekend.

transmediale, club transmediale und Create Berlin haben DAS Weekend initiiert mit über 70 unabhängigen Organisationen, Ausstellungsorten und Teilnehmern aus Kunst und Kultur. Die Veranstaltung soll der nachlassenden Förderung von Medien-, Sound- und digitaler Kunst begegnen.

Drei Tage lang präsentiert DAS Weekend Künstler, Räume und Initiativen, die an der Schnittstelle von Kunst, Medien und Klang arbeiten und experimentieren. Entsprechend abwechslungsreich ist das dichte Programm: Ob offene Lesungen im Villém Flusser Archiv, Ausstellung wie Reflective Interventions 2011 bei Art Claims Impulse oder Songs of Love and Hate im Grimmuseum oder das Projekt The Sound of No-One im Stadtbad Wedding – wer sich durch das Angebot liest, findet garantiert etwas Spannendes.

ab 10 Uhr | 28.-30. Januar 2011 | siehe Karte

 

Cinderella Extrem

© Michael Guerrero

Von wegen weibliche Zurückhaltung: Die New Yorker Performance-Künstlerin Ann Liv Young reagiert sich an Cinderella ab.

Die Performance bezieht sich vage auf Aschenputtel, die unter ihrer Stiefmutter und deren faulen Töchtern leidet. Jedenfalls geht es um weibliche Macht und Aggression, und Young entwickelt den Abend in direktem Dialog mit dem Publikum.

Derbe wird die Show in jedem Fall ausfallen, Körperflüssigkeiten inklusive. Und derbe ist nicht gleich gut, wie die Kritik der New York Times zeigt. Aber wer weiß, was Young für Berlin plant.

20 Uhr | 27. & 28. Januar 2011 | HAU 3 | Tempelhofer Ufer 10 | Berlin Kreuzberg

 

Abstrakte Raumerfahrung

© Trevor Good

Die Tanztage Berlin werden 20.

Elf Tage lang präsentieren die Sophiensaele junge Berliner Experimente in zeitgenössischem Tanz und Choreographie.

Vielversprechend könnte die Performance von Antje Velsinger und Markus Popp alias Oval sein. Die Choreografin und der Produzent abstrakter elektronischer Musik präsentieren wall / paper / wall. Das 30-minütige Stück de- und rekonstruiert Räumlichkeit im weitestmöglichen Sinne.

Samstag gibt ab 22.30 Uhr zusätzlich ein Live-Set von Oval.

18 Uhr bzw. 19.30 Uhr | 07.-09. Januar 2011 | Sophiensaele | Sophienstraße 18 | Berlin Mitte

 

Musik von Geisterhand

© VW/Soundfair

SOUNDFAIR und die Galerie VeneKlasen/Werner präsentieren Annika Eriksson.

Die schwedische Künstlerin übernimmt den dritten Satz der Klangperformance-Reihe Symphony. Musiker, Komponisten und bildende Künstler entwickeln hierfür Arbeiten, die zwischen Konzert- und Ausstellungssituationen vermitteln.

In Erikssons Arbeiten geht es um soziale Interaktion im Alltag. Für Symphony hat die Künstlerin The plan was sound; its execution faulty entwickelt. Das Werk verweist auf das Verblassen historischer Ereignisse und gescheiterter Utopien.

In einem verdunkelten Raum erklingt das Solidaritätslied (1929) von Hanns Eisler und Bertolt Brecht. Gespielt auf einem elektroakustischen Theremin, das keiner direkten Berührung bedarf, klingt die Arbeiterhymne seltsam entrückt…

Besser geht es nicht: Spannende Künstler zeigen intelligente Performances. Unbedingt hingehen!

19-21 Uhr | 07. Januar 2011 | VeneKlasen/Werner | Rudi-Dutschke-Strasse 26 | Berlin Mitte

 

Wissen, das die Welt nicht braucht

Der Projektraum General Public setzt Videokunst auf den Lehrplan.

Der Künstler Robert Heel hat sich auf das Genre „Lehrfilm“ spezialisiert. In seinen Instructional Films vermittelt er einer fiktiven Klasse absurdes Halbwissen. Dass ihn ursprünglich Lehrfilme aus den fünfziger und sechziger Jahren inspiriert haben, sieht man den Videos nicht mehr an; die Arbeiten sind definitiv eigenartig.

Interessanter als die Filmvorführung klingt die anschließende Performance Early American Avant-Garde. Heel mischt in Echtzeit alte Videos neu, Jan Hertz legt dazu auf.

Die Kuratoren können dem Publikum sicherlich erklären, was sie an den Arbeiten fasziniert.

20 Uhr | 07. Januar 2011 | General Public | Schönhauser Allee 167c | Berlin Mitte

 

Kurzweiliges Theater

© Matthias Horn

Die Theaterminiatur The Four of the Gas Station handelt von Erdöl und Freundschaft.

Das post theater macht Station im Radialsystem. Dort präsentiert der interdisziplinäre think thank seine neuste Produktion – und zwar in einer Tankstelle. Sie ist der Kulisse des Musikfilms Die Drei von der Tankstelle (1930) nachempfunden.

Auch The Four of the Gas Station handelt von drei Freunden, die eine Tankstelle eröffnen wollen und dafür ihr Auto verkaufen. Wie es sich für einen ordentlichen Theater-Multimediakunst-Hybrid gehört, spielt das Stück jedoch in der Neuzeit, genauer: vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise. Die Performance fragt nach dem Wert der Freundschaft in Zeiten von Ressourcenknappheit und Ölkatastrophen.

Spannender als der Inhalt klingt dabei das Format: Das post theater verspricht eine Mischung aus Geisterbahn, Theater und Kunstinstallation. Außerdem folgen einer Performance jeweils nur vier Zuschauer. Täglich finden bis zu zwölf Performances statt, wahlweise auf Englisch oder Französisch. Die Karten müssen unter ticket@posttheater.com vorbestellt werden.

Das Beste: Weil eine Performance maximal 45 Minuten dauert, bleibt für Langeweile gar keine Zeit!

ab 16 Uhr | 28.-30. Dezember 2010 | Radialsystem V | Holzmarktstraße 33 | Berlin Friedrichshain

 

Delirium mit Waffeln

© Fred Auger

Marie Brassard performt Me Talking to Myself in the Future in den Sophiensaelen.

In ihrem Stück über Tod und Zeit inszeniert Marie Brassard die Begegnung einer Frau mit sich selbst. Diese trifft in Gedanken auf sich als Sterbende. Gemeinsam gehen die beiden Frauen zurück zu dem Mädchen, das sie einst waren, und konstruieren in einer Mischung aus Kindheitserzählung und Morphiumvision eine surrealistische Szenerie. Live-Musik und Filmprojektionen verdichten die Traumsequenz.

Hört sich experimentell bis schwierig an. Aber für Mutige gibt’s im Anschluss an die heutige Aufführung Waffeln!

19.30 Uhr | 16.-19. Dezember 2010 | Sophiensaele | Sophienstraße 18 | Berlin Mitte

 

Tanz vor fluoreszierender Kulisse

© Loge

Die Künstlerin Renate Wolff nimmt den Projektraum Loge auseinander.

Die Loge ist ein winziger Projektraum in einer ehemaligen Pförtnerloge am Checkpoint Charlie und funktioniert eher wie ein Schaufenster. Die Kuratoren Martin Mlecko und Wolfgang Schöddert laden regelmäßig Künstler ein, Arbeiten für die sehr speziellen Räumlichkeiten zu fertigen. Die Ergebnisse reichen vom Ein-Mann-Opern-Erlebnis bis hin zur klassischen Installation.

Mit Checkpoint Inter Wall schafft die Künstlerin Renate Wolff nun eine neue Raumsituation in der Loge, indem sie unzusammenhängende Farbflächen im Schwarzlicht schweben lässt. Zur Eröffnung improvisiert darin außerdem Bettina Thiel, Solistin am Berliner Staatsballett. Und das Alles auf gerade mal 4 Quadratmetern.

19 Uhr | 11. Dezember 2010 | Loge | Friedrichstraße 110 | Berlin Mitte