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Verwirrung ums Fischstäbchen

 

Wer Fisch essen will, ohne zur Überfischung beizutragen, hat es schwer. Die richtige Auswahl zu treffen, wird immer komplizierter. Das zeigt der am Donnerstag von Greenpeace vorgestellte Fischratgeber 2014. Einmal im Jahr präsentiert Greenpeace diesen Einkaufsführer, der Verbrauchern die Entscheidung für möglichst nachhaltig gefangenen Fisch erleichtern soll.

Die gute Nachricht: Manche Bestände erholen sich. Zum Beispiel die von Kabeljau. Der galt bisher als gnadenlos überfischt, doch jetzt empfiehlt Greenpeace den Kauf von Kabeljau aus dem Nordostatlantik wieder – unter der Voraussetzung, dass der Fisch dort mit Grundlangleinen gefangen wurde. Auch Kabeljau aus dem Nordostpazifik ist okay. Von Kabeljau aus anderen Regionen sollten die Verbraucher aber weiterhin die Finger lassen.

„Nur eine differenzierte Betrachtung ermöglicht Empfehlungen“, schreiben die Macher des Fischführers, „Pauschale Ja- oder Nein-Urteile pro Art sind weder korrekt, noch tragen sie zum Schutz der Fischbestände bei.“

Das macht den Einkauf nicht einfacher. Wer nachhaltig gefangenen Fisch essen will, muss sich künftig noch intensiver mit Fanggebieten und -methoden beschäftigen. Zugleich eröffnen sich dem Verbraucher aber auch mehr Auswahlmöglichkeiten als bisher, weil nicht mehr eine Fischart komplett auf dem Index steht.

Einfach ist es etwa beim Karpfen. Diesen Fisch – nicht unbedingt jedermanns Fall, aber bitteschön – kann Greenpeace uneingeschränkt empfehlen. Und selbst bei Thunfisch, Hering und Dorade sind einzelne Fischgebiete durchaus unbedenklich.

Verwirrung um MSC-Kriterien

Verwirrung entsteht allerdings dadurch, dass Greenpeace etablierte Bio-Siegel wie etwa das Marine Stewardship Council (MSC) nicht uneingeschränkt empfiehlt. Das ist vor allem für Fischstäbchen-Liebhaber heikel. Die Fischstäbchen von Iglo zum Beispiel sind mit dem MSC-Siegel ausgezeichnet. Es wirbt damit, dass die Fische aus nachhaltig bewirtschafteten Beständen stammen. Im Fall von Iglo ist das der Alaska-Seelachs. Er ist einer der beliebtesten Speisefische, jedes Jahr landen rund zwei Millionen Tonnen in den Netzen. Allein Iglo stellt jährlich rund 2,3 Milliarden Fischstäbchen her.

Von deren Kauf allerdings rät Greenpeace grundsätzlich ab, obwohl sie MSC-zertifiziert sind. Der Alaska-Seelachs werde teilweise immer noch mit schlechten Fangmethoden gefischt, erklärt Greenpeace-Fischfachfrau Iris Menn auf Nachfrage. Teilweise würden auch Grundschleppnetze verwendet, die den Boden de facto abfräsen. Zudem sei der Alaska-Seelachs ein extrem wichtiges Beutetier, etwa für Seelöwen. „Das MSC-Siegel ist in manchen Kriterien zu schwach“, sagt Menn.

Der MSC selbst sieht das gelassener: Die Fischerei mit Grundschleppnetzen sei nicht prinzipiell zu verdammen, sagt die Sprecherin Gerlinde Geltinger. Auf steinigem Boden etwa könne sie im Einzelfall zu vertreten sein. „Wir schauen uns jede Fischerei als Einzelfall an.“

Die amerikanische Alaska Seelachsfischerei sei etwa eine der besten gemanagten Fischereien der Welt. Die festgelegten jährlichen Höchstfangmengen lägen sogar unterhalb der biologisch akzeptablen, von Wissenschaftlern empfohlenen Fangmengen. Im Zweifelsfall setzten die Fischereimanager konservative Quoten. Beide Bestände seien auf hohem Niveau, die Beifangrate sei sehr niedrig, und man habe ein Programm zur weiteren Reduktion von Beifang implementiert.

Als Fischliebhaber bleibt man da ratlos zurück. Was denn nun? Es ist wohl wie bei den Grünen: Realo oder Fundi-Position. Wer’s richtig machen will, der greift mindestens zu MSC-Fisch. Wer’s noch besser machen will, der isst am besten nur die von Greenpeace empfohlenen Fische. Und landet am Ende eben beim Karpfen. Sorry.