Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Die Deutschen sind vernarrt in Bio

 

© David Ebener/dpa
© David Ebener/dpa

Die jüngsten Zahlen aus der Bio-Ecke lassen das Bundeslandwirtschaftsministerium einmal mehr Jubeln. Abgesehen von den USA gebe es kein Land auf der Welt, in dem sich Bio-Produkte so großer Beliebtheit erfreuen wie in Deutschland, sagte Minister Christian Schmidt (CSU) am Dienstag. Mit Bio-Produkten erwirtschafteten Unternehmer und Landwirte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 7,5 Milliarden Euro – ein Plus von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Der Bio-Anbau macht inzwischen 6,4 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland aus. Gerade Rheinland-Pfalz, inzwischen ja rot-grün regiert, hat die Förderung für Öko-Anbau mächtig ausgeweitet. Die Fläche, die nach biologischen Kriterien bewirtschaftet wurde (keine Gentechnik, kein Spritzen), ist um ein Fünftel gestiegen. Trotzdem ist hierzulande nicht alles rosig. Die gesteigerte Nachfrage nach Bio-Produkten führt dazu, dass inzwischen immer mehr Bio-Lebensmittel aus dem Ausland importiert werden. Experten schätzen, dass die Einfuhren von Bio-Produkten mittlerweile 30 bis 50 Prozent des Marktvolumens ausmachen. Sicher, es ist richtig, dass auch Flächen im Ausland auf Bio umgestellt werden, dass auch dort das Grundwasser sauber ist und die Artenvielfalt erhalten bleibt. Aber es kommt ja immer auf die Gesamtbilanz an. Stichwort: Der Bio-Apfel aus Neuseeland mit einer umstrittenen Öko-Bilanz, der im Frühjahr im deutschen Supermarkt liegt. Dieser Import macht natürlich ökologisch nur Sinn, wenn weniger Energie für den Flug verbraucht wird als für die Lagerung deutscher Äpfel im Kühlhaus über den Winter.

Hinzu kommt die Einnahmesituation der Bio-Landwirte. In einem Bio-Betrieb erwirtschaftet eine Arbeitskraft im Durchschnitt einen Gewinn von 30.982 Euro – ein Plus von 1,5 Prozent zum Vorjahr. Vergleichbare konventionelle Betriebe erzielten einen Gewinn von 33.002 Euro. (Die Grafik zeigt leider nur Entwicklung bis 2007, hier findet sich der gesamte Zeitraum.) Wie man sieht, übertrifft jetzt die konventionelle Landwirtschaft (gelbe Linie) den Öko-Anbau (passenderweise in grün). Die Geschichte, dass sich mit Bio-Waren immer auch höhere Erlöse erwirtschaften lassen, stimmt also nicht mehr immer.

© BMEL
© BMEL

Das ist eine kleine Überraschung: Erstmals seit Jahren liegt damit das Einkommen der Öko-Betriebe unter dem Einkommen der konventionellen Vergleichsbetriebe. Und der Anteil der Öko-Landwirte, die einen maximal nur halb so hohen Gewinn erwirtschaften wie die konventionellen Betriebe, nimmt sogar zu. Der Grund dafür sind vor allem die hohen Preise für konventionelles Getreide, die für eine gute Einnahmesituation der klassischen Landwirte sorgen. Die Bio-Bauern haben dagegen mit hohen Produktionskosten und Ausgaben für Bio-Zertifizierungen zu kämpfen.

Bio wollen also viele Kunden kaufen. Aber für Landwirte schwindet der finanzielle Anreiz, auf Bio umzustellen. Das zeigt auch die steigende Anzahl der Bio-Betriebe, die wieder auf konventionellen Anbau zurückschwenkt.