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Lieber ein Energiespar-Laptop? Besser nicht!

Nun gut, der Energy Star ist sicher bislang nicht DAS entscheidende Kriterium für Laptop-Käufer, aber sicherlich nehmen sie ihn gerne mit. Das Sternchen kennzeichnet energieeffiziente Geräte aus und wer will nicht einen stromsparenden Computer zu Hause, um die Stromrechnung zu senken und die persönliche Klimabilanz zu verbessern. Selbst Apple wirbt damit, dass seine Notebooks die Energy Star-Kriterien sogar übertreffen würden.

Notebook © Justin Sullivan/Getty Images
Notebook © Justin Sullivan/Getty Images

Das Öko-Institut hat sich daher im Auftrag des Umweltbundesamts eine ganz spannende Frage gestellt: Soll ich meinen alten Laptop ausrangieren und stattdessen ein energiesparendes, sprich stromsparendes Gerät anschaffen?

Die Antwort ist eindeutig: Nein, bloß nicht. Das mag zwar im Energieeffizienz-Zeitalter ein völliges Tabu sein, aber die Begründung ist einleuchtend. Die Studienmacher schreiben:

„Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der Umweltaufwand bei der Herstellung eines Notebooks so hoch ist, dass er sich auch durch eine erhöhte Energieeffizienz in der Nutzung nicht in realistischen Zeiträumen ausgleichen lässt.“

Projektleiter Siddharth Prakash hat sich angeschaut, wie sich die Klimagasemissionen auf ein – sagen wir salopp – Laptop-Leben verteilen. Geht man von fünf Jahren Lebenszeit aus, dann entfallen 214 Kilogramm sogenannter CO2-Äquivalente auf die Herstellung und nur 138 Kilogramm auf die anschließende Nutzung. Nicht die Benutzung und der damit verbundene Stromverbrauch sind also besonders klimaschädigend, sondern die Produktion des Laptops.

Selbst wenn man ein superduper effizientes neues Notebook kauft, das 70 Prozent sparsamer wäre als das Vorgängermodell, bräuchte es im Schnitt 13 Jahre, um den Umweltaufwand zu kompensieren, den die Herstellung verursachen würde, so der Wissenschaftler.

Dazu gibt es noch ein Recyclingproblem, schreibt Prakash. Denn selbst in Deutschland werde Elektroschrott noch immer ineffizient recycelt. Viele Rohstoffe wie Seltene Erden oder Kobalt gehen einfach für immer verloren. Gerade Kobalt ist da ein Problem. Es wird ja bekannterweise vor allem im Kongo unter gefährlichen Bedingungen abgebaut. Jedes nicht gekaufte Laptop ist also ein Mini-Beitrag zum Ressourcenschutz – der natürlichen als auch der menschlichen.

Besonders ärgert sich Prakesh über Laptops, die das effiziente Recyceln verhindern. Ohne den Namen zu nennen, gilt die Kritik natürlich auch Apple. Der Konzern verkauft Notebooks, iphones und alles andere i-Geräte noch immer mit einem Akku, der sich nicht austauschen lässt, den Käufer nicht selbst austauschen können. Ist er kaputt, muss in der Regel ein komplett neues Gerät her. Das ist alles andere als umweltfreundlich, wenn man sich die komplette Umweltbilanz anschaut, sagt Prakesh:

„Auch müssten standardisierte Ersatzteile besser verfügbar sein und die Mindestgarantie sollte verlängert werden. Nicht zuletzt sollten die Geräte so konstruiert sein, dass einige Komponenten wie die Hauptplatine, Display, Akkus und weitere Leiterplatten ohne großen Aufwand demontiert werden können. Damit können sie dem Recycling zugeführt und damit die enthaltenen Ressourcen zurückgewonnen werden.“

 

Die Energiewende gibt´s jetzt bei IKEA

Heute schon ein bisschen Energiewende geshoppt? Der chinesische Solarkonzern Hanergy will in Großbritannien künftig Solarmodule über Ikea verkaufen. Jetzt gibt es also neben Kommoden und Köttbullar auch Dünnschicht-Module bei dem Möbelgiganten.

© Peter Muhly/AFP/Getty Images Die Module sind Teil eines Komplettpakets. Der mögliche Standort wird bewertet, die Zellen werden installiert und natürlich gibt´s auch eine Garantie. Hanergy-Chef Jason Chow sagt, er glaube „an das Wachstumspotenzial des britischen Markts.“

Der Hanergy-Konzern macht seit einigen Monaten in Europa von sich Reden. Nach eigenen Angaben ist er der größte private Ökostromkonzern Chinas. Er betreibt dort vor allem Wasserkraftwerke und Solarparks. Vor Kurzem übernahm er in Deutschland die Solibro, eine Q-Cells-Tochter. Auch den Berliner Solarspezialisten Soltecture kauften die Chinesen auf.

In China kooperieren Ikea und Hanergy bereits. Erst kürzlich gab Hanergy bekannt, auf Dächern von Ikea-Filialen in China Solaranlagen mit einer Gesamtkapazität von 383 Megawatt installieren zu wollen. Damit will Ikea 10 bis 15 Prozent seines Strombedarfs decken. 383 Megawatt entsprechen, zumindest theoretisch, der Leistung eines kleinen Kohlekraftwerks.

Jetzt plant Hanergy also den Einstieg in den europäischen Massenmarkt. Ich bin gespannt, ob das klappen wird. Bislang galt eigentlich die Regel: Dünnschicht-Module sind zwar günstiger in die Herstellung, kommen aber auf niedrigere Wirkungsgrade im Vergleich zu kristallinen Modulen (die vor allem auf deutschen Dächern landen).

Ob sich die Module, die Ikea anbieten wird, durchsetzen werden, ist also vor allem eine Frage des Outputs und der Vergütung von Ökostrom im britischen Energiemarkt. Und es ist eine Frage der Installation. So trivial sind ja Solarmodule auch wieder nicht. Sie müssen gescheit installiert werden, man braucht Wechselrichter, um den Gleichstrom ins öffentliche Netz einzuspeisen und und und. Da erscheint es schon sinnvoll, dass Hanergy ein Rundumsorglos-Paket anbieten will.

In Deutschland hatte übrigens die Kaffeekette Tchibo auch eine Zeitlang Solarzellen im Angebot. Das war allerdings vor zwei Jahren.

 

 

Klimafreundliches Fliegen: eine Frage der Beinfreiheit

Airline Ranking Mittelstrecke ©: Atmosfair
Airline Ranking Mittelstrecke ©: Atmosfair

Zu Beginn ein Geständnis: Ja, ich werde in den kommenden Wochen eine Flugreise unternehmen. Es wird ein Mittelstreckenflug sein. Und: Meine Airline Air Berlin hat es noch nicht mal auf einen der ersten Plätze im gerade veröffentlichten Klimaschutzindex von Atmosfair geschafft. Oh je.

Zum zweiten Mal hat Atmosfair den so genannten Airline-Index veröffentlicht. Er soll eine Art Pendant sein zu den CO2-Angaben und Verbrauchswerten der Autohersteller. Der Index benotet 150 Fluggesellschaften weltweit nach ihrer Klimafreundlichkeit. Welche Linie fliegt besonders effizient und schont so das Klima? In die Bewertung gehen Faktoren wie Bestuhlung (je mehr Leute in den Flieger passen, desto besser – ade Beinfreiheit), Flugzeugtyp (jünger ist effizienter) und Auslastung (je mehr Leute tatsächlich Platz nehmen, desto besser).

Platz 1 des Rankings führt ein Nobody an: Monarch Airlines aus Großbritannien. Die Gesellschaft hat eine besonders junge Flotte, das spart Sprit. Und sie „bestuhlt die Flugzeuge im Vergleich zum Wettbewerb maximal“. Das heißt: Viel Platz gibt es nicht in den Flugzeugen wohl nicht, aber je mehr Leute die Flugzeuge transportieren können und je höher sie ausgelastet sind, desto besser für´s Klima. Und das schafft offenbar Monarch Airlines.

Deutsche Airlines landen dagegen eher im Mittelfeld. TUIfly wird ebenfalls wegen hoher Auslastung lobend erwähnt und schafft es auf Platz 4 im Gesamtranking. Zu Air Berlin, oh oh: nur eine Durchschnittsnote, die Auslastung ist zu schlecht.

Und bei Lufthansa sieht es ganz schlecht aus: unterdurchschnittliche Auslastung auf der Kurzstrecke, ineffiziente Flugzeugmodelle. Das Unternehmen schafft es nur auf Platz 54 (immerhin eine kleine Verbesserung zum Vorjahr). Zwar würden die Langstreckenflüge gut ausgelastet, aber die Flieger seien alt und die Bestuhlung unterdurchschnittlich (will sagen: etwas weniger Beinfreiheit wäre für´s Klima nicht schlecht). Schlecht sieht es bei den Kurzstreckenflügen der Lufthansa aus, sie seien unterdurchschnittlich ausgelastet. Viele Strecken würden nur aus Prestigegründen bedient, obwohl sie sich für das Unternehmen eigentlich nicht rentieren würden. Bei der Streckenplanung gebe es noch viele Verbesserungsmöglichkeiten.

Atmosfair betont: Fliegen bleibt ein Klimakiller. Auch wenn man eine effiziente Airline fliegt: Jede Flugreise, die nicht angetreten wird, schon das Klima. Und Direktverbindungen sind immer besser als Flüge, auf denen man umsteigt. Je kürzer die Flugstrecke, desto höher die CO2-Emissionen pro Passagier und Kilometer. Schließlich muss jedes Flugzeug starten und die Mindestflughöhe erst einmal erreichen, egal, wie weit es dann fliegt. Deswegen sind längere Flugreisen immer noch klimafreundlicher als Kurzstrecken.

In die höchste Effizienzklasse A hat es übrigens bislang keine Airline geschafft.

 

Und das Stromnetz kann doch noch mehr

Das Folgende läuft unter der Kategorie „Na, geht doch“. In Schleswig-Holstein hat E.on Netz Anfang August ein Pilotprojekt gestartet. Es erhöht die Übertragungskapazität der 110 kv-Leitungen um bis zu 50 Prozent. Das ist jetzt, wo allenorts über den Netzausbau gestritten wird und Bürger sich gegen neue Stromleitungen in ihrer direkten Umgebung aussprechen, ein wirklich spannendes Projekt. Und vor allem wichtig für Schleswig-Holstein, wo die Windenergie an Land ja noch radikal ausgebaut werden soll und der Netzausbau nicht hinterkommt.

Das so genannte Auslastungsmanagement auf zwei Pilotstrecken klingt zuerst einmal widersprüchlich: E.on Netz schaltet Windräder vom Netz ab. Aber, und das ist der Unterschied zur bisherigen Praxis, das passiert nur noch bei einem Störfall. Bislang war es so, dass Techniker in der Schaltzentrale von E.on einzelne Windräder manuell und in Stufen abgeschaltet haben, wenn das Netz komplett ausgelastet war (Einspeisemanagement). Der Windparkbetreiber findet das natürlich nicht prickelnd, weil er seinen Ökostrom nicht mehr vergütet bekommt. Aber die Netzbetreiber müssen ihm eine Ausgleichsvergütung zahlen.

Jetzt probiert E.on auf den Pilottrassen (ingesamt betrifft das rund 200 Windräder mit einer Kapazität von 400 Megawatt) ein automatisiertes Verfahren. Die Windräder werden per Computer sofort komplett abgeschaltet. Das passiert aber nur noch im wirklichen Ernst-, sprich im Störfall. Und das ist dann weitaus seltener als sonst. So nutzt E.on Reservekapazitäten im Netz aus. Die Folge: Es kann zwar sein, dass Windräder abgeschaltet werden, trotzdem landet aber mehr Ökostrom im Netz. Drei Millionen Euro hat E.on in die Technik investiert.

Im Netz geht also noch was. Erst recht, wenn man sich anschaut, dass E.on in Schleswig-Holstein auch noch Freileitungsmonitoring betreibt. Die Idee ist simpel: Der Wind kühlt Stromleitungen. Und wenn´s dann draußen auch noch schön knackig kalt ist,  erhöht das die Übertragungskapazitäten des Stromnetzes auch noch einmal um bis zu 5o Prozent.

Dass so viel Musik noch im Netz drin ist, hätte E.on wohl selbst vor ein paar Jahren nicht gedacht.

 

Mehr Cash für neue Ökoheizungen

Es gibt sie tatsächlich noch, die kleinen, positiven Meldungen über die Energiewende. Die Bundesregierung hat jetzt bekannt gegeben, die Förderbedingungen für das Heizen mit erneuerbaren Energien zu verbessern. Bereits ab dem 15. August 2012 können sich Antragssteller über höhere Zuschüsse vom Staat für Solarkollektoren und Wärmepumpen freuen.

Konkret erhöht das Bundesumweltministerium die Förderung aus dem Marktanzreizprogramm. Das wird vor allem für Hausbesitzer interessant sein, die sich Solarkollektoren aufs Dach schrauben, um damit Warmwasser für Heizung, Dusche und Waschmaschine zu produzieren. Nach Angaben des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) können sie zukünftig bei einer klassischen Solarwärme-Anlage statt mit 1.500 mit bis zu 2.000 Euro Zuschuss kalkulieren: Die Mindestförderung steigt und zudem gibt es noch eine Abwrackprämie für den alten Heizungskessel.

Bislang gab es die Zuschüsse nur für den Austausch von alten, ineffizienten Anlagen. Ab kommender Woche unterstützt die Bundesregierung auch die Kombination von Biomasseanlagen, Wärmepumpen und Solarkollektoren in Neubauten – allerdings erst einmal nur in großen Mehrfamilienhäusern. Wer eine Biomasseanlage zum Heizen nutzt (das sind zum Beispiel Holzpelletanlagen) und diese nachrüstet, bekam bisher 500 Euro Zuschuss. Zukünftig gewährt der Bund hier 750 Euro. Und auch für Neubauten werden solche Ökoheizungen nun erstmals mit 850 Euro unterstützt.

Na endlich, kann man da nur sagen. Schließlich verwenden wir rund 40 Prozent unserer Energie fürs Heizen – und bislang leisten erneuerbare Energien da einen geringen Beitrag. Seit Jahren will die Bundesregierung daher den Einsatz alternativer Energien im Wärmesektor fördern. Und seit Jahren bemüht sie dabei das Bild vom „schlafenden Riesen Ökowärme“. Ob der nun von dem Geldsegen aufwacht, werden die kommenden Monate zeigen. Die Solarlobby ist optimistisch. „Sowohl Eigenheimbesitzer als auch die Industrie profitieren. Wir rechnen mit einer Belebung der Nachfrage“, so der BSW.

Die Bundesregierung hat allerdings noch einen kleinen Trumpf im Ärmel. Im Vermittlungsausschuss vegetiert ja immer noch der Vorschlag zur steuerlichen Abschreibung von energetischen Sanierungsmaßnahmen. Wer sein Haus saniert, soll jährlich zehn Prozent der Sanierungskosten von der Steuer abschreiben können. Im Verhandlungspaket könnte nun auch eine Maßnahme aus dem Bereich erneuerbare Wärme sein, die sich dann abschreiben ließe. Wann die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern, die das Vorhaben wegen Steuerausfällen boykottieren, allerdings fortgesetzt werden, ist noch unklar.

 

Mietwucher: Sündenbock energetische Sanierung

Anfang der Woche machte Report Mainz auf das Thema Mietwucher aufmerksam. Tenor des Beitrags: Die energetische Gebäudesanierung lässt die Mieten so hoch steigen, dass immer mehr Menschen sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten können. Das treffe laut Deutschem Mieterbund auf 100.000 Mieter zu. Eine alleinerziehende Mutter aus Hamburg, ein Künstler- und ein Renterehepaar aus Berlin: Sie alle werden wohl umziehen müssen, weil ihre Wohnungen modernisiert werden sollen.

Die Deutsche Energieagentur dena sieht das alles ein bisschen anders. Gemach, gemach, sagt ihr Chef Stephan Kohler:

„Wer die energetische Sanierung zum Sündenbock für hohe Mietsteigerungen in Deutschland macht, ist auf der falschen Fährte.“

Die dena verweist darauf, dass es oft ganz anderes Gründe gebe, warum die Mieten steigen würden.

Alte Häuser, in denen trotz guter Stadtlage bisher eine geringe Miete fällig wurde, können nach einer Aufwertung durch eine umfassende Sanierung deutlich höhere Mieten erzielen. Diese Chance würden Eigentümer natürlich nutzen. Zwar würden diese Häuser dann auch häufig energetisch saniert – die hohe Preissteigerung sei aber zu einem guten Teil auf die „Schönheitssanierung“ zurückzuführen.
In anderen Fällen würden im Zuge einer energetischen Sanierung über lange Zeit nicht erhöhte Mieten an ein allgemein gestiegenes Niveau angepasst. Diese Effekte treten besonders in den deutschen Großstädten häufig auf und treffen tatsächlich oft einkommensschwache Menschen, die schon lange in ihren Wohnungen leben.

Zudem kann der Vermieter nicht nur Teile der energetischen Sanierungkosten umlegen, sondern auch Kosten der „wohnwertverbessernden Maßnahmen“, also ein schickes neues Bad oder einen neuen Balkon.

Sanierungskosten, Quelle: dena
Sanierungskosten, Quelle: dena

Der Gesetzgeber hat übrigens erst kürzlich einmal wieder die Chance verpasst, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Wieder einmal konnte sich der Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag nicht darauf einigen, dass Vermieter die Kosten für eine neue, energieeffiziente Heizung und bessere Fenster in ihrer Steuererklärung geltend machen können. 1,5 Milliarden Euro würde das kosten, ein Betrag, auf den die Bundesländer nicht verzichten wollen. Dabei halten Energieexperten das Programm unisono für sinnvoll – erst recht, wenn Deutschland wie geplant seine Sanierungsquote verdoppeln will.

 

McKinseys umstrittene Studie zur Energiewende

Ein Schelm, der Böses dabei denkt: Heute Vormittag hat McKinsey eine Studie zur Energiewende präsentiert. Darin kommt die Düsseldorfer Unternehmensberatung zu dem Schluss, dass die Bundesregierung ihre Klimaschutzziele nicht erreichen wird und die erneuerbaren Energien den Strompreis in die Höhe schießen lassen könnten. Kostenexplosion beim Ökostrom schrieb gleich Spiegel online.

Konkret in Zahlen heißt das bei McKinsey: Statt wie geplant die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu verringern, würde Deutschland nur 31 Prozent erreichen. Ziel verfehlt. Und die EEG-Umlage auf den Strompreis, mit der sich jeder Stromkunde am Ausbau der erneuerbaren Energien beteiligt, sowie die Netzentgelte würden im Jahr 2020 bei 21,5 Milliarden Euro liegen – ein Plus von 60 Prozent im Vergleich zu 2011.

Nun sind Studien, Prognosen und Szenarien immer so eine Sache. Und der Veröffentlichungszeitpunkt noch viel mehr. Zurzeit diskutiert ja die EU über ein bisschen mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz: Statt 20 Prozent will die EU-Kommission 25, wenn nicht sogar 30 Prozent CO2-Einsparungen bis 2020. Doch natürlich ziehen da nicht alle Mitgliedsstaaten mit, vor allem Polen hat sein Veto eingelegt. Solchen Staaten und den Branchen, die durch strengere CO2-Ziele betroffen wären (also die energieintensiven Branchen wie Stahl und Zement), liefert eine solche Studie natürlich wunderbar Munition.

Aber nun einmal kurz in die Details der Studie.

McKinsey kommt zu dem Schluss, dass gerade einmal 31 Prozent CO2-Reduzierung bis 2020 möglich seien. Hier einmal eine andere Zahl. Das Öko-Institut hat gerade zusammen mit dem DIW und dem Chefaufseher der Energiewende, Hans-Joachim Ziesing, für die Bundesregierung sehr detailliert berechnet (und leider noch nicht veröffentlicht), dass Deutschland auch auf 34 Prozent kommen könnte. Stoppt die Politik erfolgreich den Preisverfall im EU-Emissionshandel und ist man ehrgeiziger beim Energiesparen und im Verkehrssektor, dann sind die 40 Prozent immer noch zu schaffen. So ganz fatalistisch wie McKinsey muss man also nicht sein.

Ein weitere Punkt: In der Studie fehlt – wirklich irritierend – komplett die Diskussion des Merit-Order-Effekts (keine Sorge, der tut nicht weh). Er sagt aus, dass die erneuerbaren Energien an der Börse strompreissenkend wirken. Schließlich speisen zu manchen Zeiten so viele Windräder ihren Ökostrom ein, dass es gar negative Strompreise gibt. Davon profitieren die Großabnehmer, die Großhandelspreise zahlen – also die energieintensive Industrie (die auch Ausnahmen bei den Netzentgelten genießen). Vergangenen Herbst bezifferte eine Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums den Merit-Order-Effekt auf rechnerische 2,8 Milliarden Euro.

Der Merit-Order-Effekt habe keine großen Auswirkungen, heißt es auf Nachfrage bei McKinsey: Zumal er ja auch dazu führen würde, dass konventionelle Gas- und Kohlekraftwerke wiederum öfter an-und abgeschaltet werden würden. Deren Verschleiß müsse man wiederum auch einrechnen.

Nun gut, auch wenn es kompliziert ist: Das alles hätte doch in eine gute, umfassende und wissenschaftliche Studie gehört.

Ergänzung 17:16 Uhr: Ein Recherchepartner macht mich übrigens gerade auf eine McKinsey-Studie aus dem Jahr 2010 für die European Climate Foundation aufmerksam. Ziel war es, zu zeigen, dass bis 2050 sich die Co2-Emissionen um 80 Prozent in der EU mindern lassen. Die Studie liest sich ein wenig anders und weniger pessimistisch. Dort schreibt McKinsey im Kapitel Technical and Economic Analysis:

„Despite the complexities, the transformation of the European power sector would yield economic and sustainability benefits, while dramatically securing and stabilizing Europe’s energy supply.“

 

 

Blindgänger bei der Energieeffizienz

Deutschland setzt alles daran, das von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) 2007 durchgesetzte Energieeffizienzziel der Europäischen Union zu verfehlen. Damals hatte Merkel dafür gesorgt, dass die EU bis 2020 ihren Treibhausgasausstoß um mindestens 20 Prozent im Vergleich zu 1990 senkt, den Anteil erneuerbarer Energien am Energieverbrauch auf 20 Prozent steigert und die Energieeffizienz um 20 Prozent erhöht. Während die ersten beiden Ziele verbindlich vereinbart wurden, blieb das Effizienzziel unverbindlich – bis heute.

In den vergangenen zwei Tagen haben die Energieminister bei ihrem informellen Treffen in Horsens/Dänemark über die europäische Energiepolitik bis 2020 und insbesondere über die EU-Energieeffizienzrichtlinie diskutiert. Vor bald einem Jahr hat EU-Energiekommissar Günther Oettinger seinen Entwurf einer EU-Effizienzrichtlinie vorgelegt, weil die Prognosen der Kommission zeigten, dass die EU bis 2020 allenfalls um zehn Prozent effizienter werden könnte, wenn nichts weiter passiert. Das Kernstück der Richtlinie ist Artikel 6, mit dem Oettinger einen Energieeffizienzmarkt schaffen wollte. Nach seinen Vorstellungen sollten Energiehändler verpflichtet werden, im Wert von 1,5 Prozent ihres Energieabsatzes in Energieeffizienz bei ihren Kunden zu investieren. Diese Idee wird weltweit schon lange praktiziert, in der EU in Großbritannien, Dänemark und Frankreich.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) beharrt jedoch seit einem Jahr darauf, dass diese Vorgabe eine Wachstumsbremse sei. Ob er die Richtlinie absichtlich missverstanden hat, weil das so ein großartiges Totschlagargument ist, sei dahin gestellt. Jedenfalls hat es gewirkt. Anstatt die Chance zu nutzen, Investitionen in die Gebäudesanierung unabhängig vom Bundeshaushalt anzureizen, hat Rösler die Richtlinie an den Rand der Wirkungslosigkeit gebracht. Robert Pörschmann vom Umweltverband BUND sagt dazu: „Rösler sägt am Grundpfeiler der Energiewende, und die Kanzlerin greift nicht ein.“ Christian Noll vom Effizienzunternehmensverband Deneff versteht diese Hartleibigkeit nicht. „Der volkswirtschaftliche Nutzen der Effizienzrichtlinie ist unbestritten.“

Deutschland untergräbt den Vorschlag in Brüssel seit Monaten. Erst konnten sich Rösler und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) monatelang nicht einigen, mit welcher Position sie eigentlich in die Verhandlungen eintreten wollen. Und dann haben sie im Kontext des Streits um eine weitere Kürzung der Solarförderung einen Kompromiss Rösler/Röttgen geschlossen, der Röslers Verhalten nun auch noch zur Regierungsposition gemacht hat. Seit einigen Wochen verhandeln nun der Europäische Rat, die Kommission und das Europaparlament darüber, wie die Richtlinie am Ende aussehen soll. Die EU-Kommission hat in einem inoffiziellen Papier berechnet, was die Richtlinie noch bringen würde, wenn sich der Rat durchsetzt, nämlich nahezu nichts. 38 Prozent der von der Kommission angestrebten Energieeinsparung würde mit den Ratsvorschlägen noch erreicht.

Abgesehen vom Artikel 6 hat der Rat nämlich noch ein zweites Kernstück der Richtlinie bis zur Unkenntlichkeit abgeschwächt: Eigentlich sollten jedes Jahr drei Prozent der öffentlichen Gebäude in den EU-Staaten energetisch saniert werden, um die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand zu demonstrieren. Geht es nach dem Rat, sollen lediglich Gebäude saniert werden, die der jeweiligen Zentralregierung gehören. Statt einer jährlichen Energieeinsparung von 4,2 Millionen Tonnen Öl-Äquivalent (Mtoe), würden lediglich 0,4 Mtoe erreicht.

Dass Deutschland noch nicht einmal dafür einen Plan hat, hat der Parlamentarische Staatssekretär im Bauministerium, Jan Mücke, in einer Antwort auf eine Anfrage der grünen Bauexpertin Daniela Wagner zugeben müssen. Seit mindestens zwei Jahren sammelt der Bund Daten über die rund 51 000 bundeseigenen Gebäude. Gerade mal für knapp 500 davon gibt es Energieausweise, die allerdings von unterschiedlich hoher Aussagekraft sind. Der versprochene Sanierungsplan für diese Gebäude soll frühestens im Sommer 2013 vorliegen. Nach Wagners Informationen liegen die Energiekosten der Bundesgebäude bei rund 3,5 Milliarden Euro jährlich.

Es gäbe also gute Gründe, das Tempo der Sanierung zu beschleunigen und endlich im großen Stil Contracting-Unternehmen das Energiemanagement der öffentlichen Gebäude zu überlassen. Doch offensichtlich hat die Regierung kein Interesse daran, Steuergelder für die Energieversorgung der Bundesliegenschaften oder gar aller öffentlichen Gebäude zu sparen. Bei der Energieeffizienz ist diese Regierung ein gefährlicher Blindgänger.

 

Was ist besser: neue Heizung oder bessere Isolierung?

Stellen Sie sich vor, Sie haben ein paar tausend Euro übrig (geht mir leider nicht so, aber das ist ein anderes Thema) und  Sie müssten damit Energie einsparen und ihre CO2-Bilanz verbessern. Was würden Sie als Hausbesitzer tun? Erst einmal eine neue Heizung kaufen? Oder lieber die Wände mal so richtig gut isolieren, Fenster austauschen?

Bloß nicht letzteres, empfehlen die Energiexperten von Imtech. Das Unternehmen ist so ein typischer „hidden champion“ im Bereich Energieeffizienz. Die Hamburger beraten vor allem Unternehmen beim Energiesparen, u.a. optimieren sie etwa die Produktion von Airbus, haben die Deutsche Bank-Tower energieeffizient saniert und das neue SPIEGEL-Gebäude mitgeplant. Mit mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz und 5300 Mitarbeiter ist Imtech nach eigenen Angaben Marktführer in Deutschland.

Wer in effiziente Energiesparmaßnahmen investieren will, der sollte zu allererst sich einmal seine Heizung anschauen, so Imtech. Denn da sei das Kosten-Nutzen-Verhältnis weitaus besser als bei der Isolierung von Wänden, die zwar auch sinnvoll sei, deren Kosten allerdings kaum in einem Verhältnis zum Aufwand stehen würden. Mehrere zehntausend Euro investiert mancher Hausbesitzer ja manchmal in neue Fenster und besser gedämmte Außenwände – hätte er das Geld in eine moderne Heizungsanlage investiert, hätte er billiger CO2 eingespart.

Quelle: BMVBS
Quelle: BMVBS

Leider gibt es, glaubt man Imtech, nur ein Problem: Die Bundesregierung fördert gerade vor allem die Gebäudesanierung. Wer kennt nicht die Pudelmützenkampagne vom Bundesbauministerium, die für Gebäudesanierung plädiert? 1,5 Milliarden Euro stellt die Bundesregierung jährlich über die KfW zur Verfügung. Gut angelegtes Geld? Imtech sagt Nein, das Geld sei besser anderes investiert. Die Vermeidungskosten je Tonne CO2  – und auf die kommt es ja unterm Strich an – seien in anderen Bereichen viel niedriger. Neben effizienten Heizungen seien das vor allem sparsame Geräte wie Kühlschränke, Fernseher und Lampen. Zurzeit stecke die Bundesregierung dagegen ihre Fördergelder in die unwirtschaftlichste Maßnahme. Das zeigt übrigens auch eine Studie des BDI von 2009 zu dem Thema (Schaubild 7, Seite 10).

 

 

 

 

Warum Prestige-Ökocitys nicht Chinas Zukunft sind

Wer sich mit nachhaltiger Stadtentwicklung in China beschäftigt, der kommt an den zahlreichen Ökocitys nicht vorbei. Egal, ob Dongtan bei Shanghai oder Huangbaiyu oder Tianjin. Prestige-Ökoprojekte, klimaneutral, energieeffizient, autofrei und  supermodern.

Ökostadt Dongtan, Copyright: 2009 Yale University
Ökostadt Dongtan, Copyright: 2009 Yale University

Einmal davon abgesehen, dass offenbar wenig in den vergangenen Jahren in den chinesischen Ökocitys passiert ist – es mehren sich die Kritiker solcher millionenschweren Nachhaltigkeitsprojekte. Einen ausführlichen Report dazu präsentiert gerade yaleenvironment360, welcher der Frage nachgeht, inwiefern sich der Trend zur Urbanisierung in China besser und umweltfreundlicher gestalten lässt.

Mehr als die Hälfte der 1,3 Milliarden Chinesen lebt inzwischen in den Städten. Investoren und die Regierung reagieren auf diese Entwicklung, überall wird massiv in städtischen Wohnraum investiert.

Aber das hat Folgen, denn Bauen ist natürlich alles andere als klimafreundlich. China schafft es auf Platz 1 der weltweiten CO2-Verschmutzer auch wegen seines Baubooms, schließlich ist die Herstellung von Stahl und Zement immens energieintensiv.

Eine Entwicklung mit dramatischen Folgen. Zwar sind in den vergangenen Jahren einige Prestige-Stadtprojekte entstanden, wo das Bauen umweltfreundlicher passieren sollte – eben die Ecocitys. Aber zugleich müssen in unzähligen Städten ganze Altstadtviertel Platz machen für einen schnell hochgezogenen Wohnblock aus minderwertigem Baumaterial. Schlechte Qualität, die nur wenige Jahre hält. Und am Ende abgerissen werden muss. Ein Städteplaner kommt gar zu der Einschätzung auf Yale Environment, dass der Abriss von Gebäuden inzwischen die größte CO2-Quelle in China sei:

“Poor urban planning, lack of accountability, weak regulation and absence of legal framework, all together makes buildings in China so vulnerable,” says engineer Ding Jianhua of the China Urban Construction, Design and Research Institute. “Tearing down buildings is, in my opinion, essentially the most high carbon factor in China at present.”

Was also tun? Es ist wie in Deutschland: ran an die Vorschriften. Wer strenge Energiespar-Vorschriften für Neubauten macht, der hat einen weitaus größeren Klimaeffekt als eine einzige Ökostadt ihn je haben wird. Das können Vorgaben für Dämmung, den Einsatz von Ökostrom oder Solarwärme sein, an denen China zurzeit arbeitet. Und vielleicht ist das auch der große Unterschied zu Deutschland. Während hierzulande der Baubestand die große Baustelle ist (und die Bundesregierung hier zurzeit effektive Anreize zum Sanieren und Dämmen verpeilt), sind in China strenge Vorgaben für Neubauten wichtig. Denn nichts wäre eine größere Verschwendung von Energie, wenn die jetzt neu gebauten Städte zwar schick, aber energiemäßig auf dem Niveau eines Plattenbaus aus den 1960er Jahren sind.