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„Speisung der 5.000“

 

Das Kollektiv Kommando Himmelfahrt nimmt das biblische Gleichnis als Anregung für ein futuristisches Oratorium über das Teilen und Geben in Zeiten der Massenproduktion.

Kommando Himmelfahrt ist seit dem Jahr 2008 immer wieder zu Gast auf Kampnagel. Die Bedeutung dieser Zusammenarbeit zeigt sich in den visionären Inszenierungen des Theaterkollektivs (Jan Dvorak, Thomas Fiedler und Julia Warnemünde), deren besonderer Reiz auch darin liegt, dem Zuschauer die weitreichende Kraft von Mythen bewusst zu machen. Die aktuelle Inszenierung Die Speisung der 5.000 nimmt einen Mythos als Ausgangspunkt, bei dem man sofort große Zahlen im Kopf hat und ein noch größeres Wunder. In der Erzählung aus den vier Evangelien vervielfältigte Jesus fünf Brote und zwei Fische, um 5.000 Menschen damit satt zu bekommen. Kommando Himmelfahrt überträgt die Idee von der wundersamen Vermehrung auf die Gegenwart und Zukunft. An die Stelle göttlicher Wunder sind Technikglaube und industrielle Massenproduktion getreten. Gleich einem neuen Souverän, nicht greifbar und dennoch allgegenwärtig, bestimmen die neuzeitlichen Vervielfältigungsmechaniken das Leben der Menschen. Doch welche Bedeutung kann etwas noch haben, wenn es alle gleichermaßen besitzen können? Thomas Le-Boeg, bekannt durch die Hamburger Band Kante, Selig-Frontman Jan Plewka, das Ensemble Resonanz und der Kampnagel-Chor bilden den musikalischen Rahmen. Es soll ein modernes, spirituelles Oratorium entstehen, das auch den Charme der 1970er ausstrahlt.

Text: Reimar Biedermann