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„Das Tierreich“

 

Ein Zoo losgelassener Hormonjunkies: In der Thalia-Garage präsentieren Studenten der Theaterakademie ihre Abschlussinszenierung.

Es lohnt sich, Abschlussinszenierungen von Schauspielstudenten zu besuchen: ungeschliffene, experimentelle Spielfreude mit professionellem Anspruch, und dazu – in diesem speziellen Fall – ein besonderes Maß an Realität in der Bühnenfiktion. Die Schauspiel-Eleven warten auf mit einem Stück, das sich mit der Übergangsphase von jugendlichem Experimentierdrang zu Erwachsenenzwang befasst, sie spielen also gewissermaßen sich selbst – und das mit richtig viel Spaß. In Das Tierreich von Nolte Decar entfalten acht junge Frauen und Männer eine Art repräsentativen Querschnitt deutscher Provinzjugend, szenische Bilder über den jugendlichen Hinterwäldler-Alltag während der Sommerferien: Seriöse Trinkspiele, Partykatastrophen, ein Panzer fällt vom Himmel, eine basisdemokratische Schulumbenennungs-AG scheitert, amouröse Egoshooter-Spielchen; Amor ist eine sich drehende Flasche und jeder darf mal Schicksal spielen. Unter der einfallsreichen Regie von Christina Rast verwandeln die Jungschauspieler die Thalia-Garage an der Gaußstraße in einen eindringlichen, existenzialistisch angehauchten Zoo losgelassener Hormonjunkies. Dies ist wilder Jugendwahn par excellence, kurzweilig ohne Ende.

Text: Reimar Biedermann