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Hamburger SV

Ab auf die Bank

 

Am vergangenen Wochenende spielte der HSV zum ersten Mal ohne Kapitän Rafael van der Vaart. Das sollte auch so bleiben

Eine neue Ära beginnt beim HSV. Mitten in der Saison. Zum ersten Mal seit Menschengedenken (vielleicht sogar noch länger) spielte Rafael van der Vaart am Wochenende beim 1 : 1 gegen Borussia Mönchengladbach keine Minute, obwohl er fit war. Von der Ersatzbank aus konnte er beobachten, wie seine Kollegen den Sieg erst unglücklich in der Nachspielzeit vergaben.

Der Kapitän auf der Bank. Und das nach einem 0 : 8 gegen Bayern München? Ist dieser Jungtrainer Joe Zinnbauer nun völlig übergeschnappt? Im Gegenteil. Er macht das einzig Sinnvolle. Er stellt nach Leistung auf. Nicht nach Lebensleistung.

Rafael van der Vaart war ein Versprechen, ja fast ein Heilsversprechen, als er im Sommer 2012 zurückkehrte nach Hamburg. Er sollte Glamour bringen. Er sollte Spielkultur bringen. Er sollte Erfolg bringen. Er brachte, und das muss man im Rückblick so brutal sagen: nichts. Van der Vaart war einmal ein Mittelfeldspieler internationaler Klasse – als er zum ersten Mal in Hamburg spielte. Seitdem er wieder da ist, steht niemand so sehr für den Niedergang des Vereins wie er.

Vor dieser Saison sah es noch einmal so aus, als käme er zurück, als könnte er das Spiel lenken. Daraus wurde nichts. Daraus wird nichts mehr. Zinnbauer sieht das bei jedem Training, bei jedem Spiel. Deshalb hat er gehandelt und den zentralen Posten im Mittelfeld neu ausgeschrieben.

Es ist ein gewagter Spielzug, die Schaltzentrale in der entscheidenden Phase der Saison umzubesetzen. Noch dazu mit Spielern, deren Namen südlich von Harburg selbst eingefleischte Fußballfans kaum kennen: Petr Jiráček und Gojko Kačar. Aber beide rennen, beide kämpfen – tun also das, was ein Verein im Abstiegskampf braucht.

Der HSV ist in einer Übergangssaison, acht Verträge enden im Sommer. Der Übergang sollte ruhiger ablaufen. Er ist auch deshalb ein Drama, weil die Routiniers nicht liefern. Zinnbauer macht nun einen harten Schnitt. Er setzt junge Spieler ein, baut die Mannschaft im laufenden Wettbewerb grundlegend um. Er traut sich etwas. Das geht auch mal daneben wie beim 0 : 8 gegen Bayern, als er die Mannschaft viel zu offensiv aufstellte. Aber wenigstens riskiert der Trainer was – anders als sein einstiger Mittelfeldstar. Der kann sich entspannt auf der Ersatzbank zurücklehnen. Im Sommer wird er wechseln. Vereine aus Italien, Spanien und den USA wollen ihn. Der Name van der Vaart glänzt eben immer noch mehr als der Spieler.