Der FC St. Pauli verweigert sich der „Bild“-Zeitung und deren Chefredakteur offenbart, was das nach seinem Weltbild bedeutet. Pech für die „Bild“
Unter dem Hashtag #BILDnotwelcome zieht gerade ein Sturm der Empörung durch die sozialen Netze. Ziel dieser Empörung: der Chefredakteur der größten deutschen Boulevardzeitung, Kai Diekmann. Dieser hatte dem FC St. Pauli auf Twitter eine überdrehte Kurznachricht zukommen lassen. Der Grund ist bekannt: Die Hamburger hatten sich entschieden, die Aktion „Wir helfen“ der Bild-Zeitung, bei der alle Bundesligavereine dasselbe Abzeichen auf dem Ärmel tragen sollten, nicht zu unterstützen.
Auf Deutsch übersetzt bedeutet der Tweet von Kai Diekmann: Darüber wird sich die Alternative für Deutschland freuen: Beim FC St. Pauli sind Flüchtlinge nicht willkommen.
Ich vermute, dass Kai Diekmann da aus einer spontanen Wut heraus getwittert hat, deren Ursprung man in seinem Weltbild findet.
Eine Verweigerung gegenüber der Bild kommt in diesem einem Sakrileg gleich. Der FC St. Pauli und seine Funktionäre wären demnach nun legitime Ziele einer ätzenden Polemik, die Methode hat. In seinen jahrelangen Scharmützeln mit der Redaktion der linken Tageszeitung taz beispielsweise hat sich diese Form der Auseinandersetzung bewährt. Durch die leicht schräge Position des Veralberers behält Diekmann immer die Oberhand. So können auch offenkundige Entgleisungen bei allzu großer Kritik mit einem Augenzwinkern abgetan werden. Kai Diekmann und die Bild bleiben am Ende immer gefühlter Sieger.
In sozialen Netzwerken ist die Bild eben nur ein Teilnehmer von vielen
In diesem Fall hat sich Kai Diekmann aber augenscheinlich geirrt, denn seine Strategie geht nicht auf. Das liegt auch daran, dass diesmal der FC St. Pauli cool bleibt. Je mehr sich Kai Diekmann echauffiert, je mehr abstruse Anschuldigungen und Polemiken er gegen die Verweigerung abfeuert, desto größer wird der Einzahlungsbetrag auf das Image des „etwas anderen Vereins“, der sich den Mächtigen aus seiner rebellischen Haltung heraus entgegenstellt.
Außerdem ist die Gegenaktion #BILDnotwelcome bereits bei anderen Vereinen angekommen. Kai Diekmann hat es geschafft, bisher verfeindete Fanschaften zu einer gemeinsamen Aktion zu bringen. Die Fanvertreter großer Vereine, wie auch der Supporters Club des HSV, haben ihren Verein zum Boykott der „Wir-helfen“-Aktion aufgerufen. Vier Vereine sind dem Beispiel des FC St. Pauli bis Donnerstagabend schon gefolgt. Der SC Freiburg, der 1. FC Union Berlin, der VfL Bochum und der 1. FC Nürnberg.
Beim Europa-League-Spiel von Borussia Dortmund schaffte es die Aktion zum ersten Mal ins reale Leben. Am Zaun der berühmten gelben Wand hing eine riesige Fahne mit dem Hashtag #BILDnotwelcome.
Inzwischen hat Kai Diekmann es aufgegeben, via sozialen Medien gegen die Abweichler zu sticheln. Wahrscheinlich wünscht er sich sogar, dass er diesen Tweet niemals geschrieben hätte. So, wie sich Ex-Bundespräsident Wulff wohl oft gewünscht hat, ihm nicht auf die Mailbox gequatscht zu haben. Kai Diekmann wirkt sprachlos, während sich das Meme weiter durch die Fußballrepublik verbreitet. Und das ist tatsächlich ein Novum in der bundesdeutschen Mediengeschichte.