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FC St. Pauli

Ein bisschen wie im Silicon Valley

 

Am vergangenen Sonntag hat die Jahreshauptversammlung des FC St. Pauli den Musikmanager Oke Göttlich mit einem guten Ergebnis (rund 78 Prozent der Stimmen) zum neuen Präsidenten gewählt. „Nun beginnt die Arbeit“, sagte dieser den Mitgliedern und meinte dabei vor allem den Wandel im Führungsstil. Die Vorbilder für Göttlichs Vorstellungen finden sich im amerikanischen Silicon Valley.

JHV des FC St. Pauli im CCH; Foto: Erik Hauth
Jahreshauptversammlung des FC St. Pauli im CCH; Foto: Erik Hauth

Die Hamburger Presse nennt ihn „den neuen starken Mann“ (Hamburger Abendblatt) des FC St. Pauli oder den „neuen Boss am Millerntor“ (Mopo) und bedient damit alte Führungsmuster, die sich im deutschen Fußball- und Vereinswesen hartnäckig halten: die Vorstellung vom strahlenden Idol (Uwe Seeler), kompromisslosen Macher (Felix Magath) oder väterlichen Übermanager (Uli Hoeness). Doch Göttlichs ersten Aussagen ist bereits anzumerken, dass er sich einem partizipativen Führungsstil verschrieben hat, wie er sich in der Internet-Ökonomie des Silicon Valley etabliert hat. Dem Führen durch Ideen.

Hierfür muss es dem Präsidententeam gelingen, die Eigenheiten und Leitbilder des FC St. Pauli, seine Widerständigkeit und Kultur, in eine Formel zu übersetzen, die jeder Mitarbeiter des Vereins – vom Rasenwart bis zum Sportchef – verinnerlichen kann, die nach Außen zu Verbänden, Sponsoren und der Stadt wirkt und an der Basis Rückhalt findet. Eine Art Algorithmus, wie Googles Gründer ihn mit „Don’t be evil“ für sich gefunden haben.

Sticker Art "Sankt Pauli", Foto: SPNU
Sticker Art „Sankt Pauli“, Foto: SPNU

Bei der ersten Ansprache an die auf einem Abstiegsplatz der 2. Bundesliga stehende Mannschaft sprach der neue Präsident dann auch vom starken Vertrauen in die Fähigkeiten des Kaders, kündigte aber gleichzeitig an, die Rahmenbedingungen und diagnostischen Methoden zu verbessern – die Mannschaft nicht nur zu fordern, sondern durch gute Analytik besser machen zu wollen.

„Wir wollen nicht nur Fußballer, sondern Menschen ausbilden“ – Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli gegenüber ZEIT ONLINE über die Ausbildung von Jugendspielern beim FC St. Pauli

Ohne Risiko ist der neue Weg nicht, die Piratenpartei war 2011 auch mit einer Art politischem Algorithmus gestartet, der mir und anderen Internet-Einwanderern schnell einleuchtete, bei dessen Verbreitung ins Wahlvolk die Partei dann aber scheiterte.

Gelingt es dem FC St. Pauli aus den Fehlern der Piraten zu lernen, die internen Diskussionen über den richtigen Weg auszuhalten und mit einem Ergebnis zu versehen, dann kann ich mir die tollsten Dinge vorstellen: eine Art Indie-Allianz unter Bundesligisten zum Beispiel, die sich eben nicht über Standard-Logen und Klatschpappen vermarkten lassen, sondern das besondere Umfeld suchen.

Mit einem gestandenen Indie-Manager und dem richtigen Algorithmus kann das gelingen.