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FC St. Pauli

Ein magischer rechter großer Zeh

 

Es gibt Spiele, die muss man vom Ende her erzählen. Das Freitagsspiel des FC St. Pauli gegen den 1. FC Nürnberg war so eines, denn St. Paulis Innenverteidiger Lasse Sobiech verwandelte ein mit Glück und von Torwart Robin Himmelmann ertrotztes Unentschieden in der 90. Minute durch seinen wuchtigen Kopfball an den Innenpfosten in einen Sieg. Das 1:0 am Millerntor war der emotionalste Sieg der Saison – auch weil er eigentlich unverdient war.

So viel Bierdusche gab es lange nicht mehr: als Lasse Sobiech, selbst staunend vor Glück, rudernd in Richtung Südkurve abdrehte, explodierte das Millerntor in einem Jubelschrei. Alles Bier, das in den Pfandbechern verblieben war, spritzte in den vom Abendrot beleuchteten Himmel und landete weiträumig im feiernden Publikum.

„Meine Schulter ist nass von des Nebenmanns Astra“

Torjubel, Bierdusche. St. Pauli köpft das Siegtor gegen Nürnberg. Foto: Erik Hauth; "St. Pauli Nu*
Torjubel, Bierdusche. St. Pauli köpft das Siegtor gegen Nürnberg. Foto: Erik Hauth; „St. Pauli Nu*

Dabei hatte es lange nicht nach einem Happy End ausgesehen. Nürnberg kam spritziger in das Spiel, das von Anfang an verbissen geführt wurde. Schiedsrichter Gräfe, der insgesamt nur drei Gelbe Karten verteilte, leistete seinen Beitrag dadurch, dass er wieder einmal alles laufen ließ, was nicht ausdrücklich nach schwerer Körperverletzung aussah. Sebastian Schachten sollte an dieser laxen Haltung beinahe verzweifeln. Nach der Anfangsoffensive der Gäste stabilisierte sich St. Pauli und kam selbst mit Schachten und Verhoek zu Halbchancen. Nürnberg hatte jedoch die besseren und scheiterte noch vor der Halbzeit spektakulär an Robin Himmelmann. So in der 44. Minute, als Nürnbergs Stürmer Mlapa frei vor dem Tor stehend abschloss. Nur Himmelmanns rechter großer Zeh, in einem affenartig schnellen Reflex ausgefahren, verhinderte das Gegentor.

„Wenn man die Augen zumacht und sich die Abendsonne auf das Gesicht scheinen lässt, ist das ein ganz passables Spiel“, kommentierte Anna, meine sarkastische Nebensteherin, dann den Beginn der zweiten Halbzeit, als Nürnbergs Schöpf einen platzierten Schuss an den Pfosten setzte. St. Pauli hatte in dieser Phase einfach Glück, schaffte es aber nicht, Bälle vorne festzumachen und ein eigenes Angriffsspiel aufzuziehen. So stürmte Nürnberg in St. Paulis Abwehrreihen, ohne dass so entstehende Konter von den Hausherren zu Ende gespielt werden konnten. John Verhoek wirkte in dieser Phase vollkommen überfordert.

So waren wir alle schon sehr zufrieden und leer gesungen, als Dennis Daube zum letzten Eckball des Spiels antrat. Der Rest ist Jubel, und noch lange standen die Supporter der Boys in Brown im Viertel und begossen diesen glücklichen Sieg. Diesmal von innen.

Annas Spieler des Tages stand zwischen unseren Pfosten und hielt auch das, was nicht zu halten war. Robin Himmelmanns Zehen wuchsen über sich hinaus an diesem Frühlingsfreitag.