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Hamburger Künstler

Ein Tropfen – und alles ist vorbei

 

Sein Atelier auf Sankt Pauli ist keine 30 Quadratmeter groß. Während an den Seiten Kunstwerke zum Trocknen hängen oder sich  gegen die Wand lehnen, scheint grelles Tageslicht durch die Fensterfront auf eine überdimensional große Leinwand mitten im Raum. Der Künstler Ki Yoon Ko sitzt konzentriert davor und malt. Er malt nicht einfach so. Die Leinwand ist um 90 Grad gedreht, die eigentlich stehenden Protagonisten seines neuen Werkes liegen verdutzt auf der Seite.

Bevor Ki Yoon Ko mit seiner in Hamburg entstandenen Serie Suzi international bekannt wurde, setzte er sich am San Francisco Art Institut mit der Frage nach einem neuen Konzept in der Malerei auseinander. Das Ergebnis war eine völlig neue Maltechnik: Statt die Farbe aufzutragen, berührt sein Pinsel die Oberfläche in keiner Sekunde. Ki Yoon Ko bürstet mit seinem Finger und einem Pinsel das Graphitpulver auf die Leinwand. Partikel um Partikel lässt er so das Kunstwerk entstehen. Über sechs Monate hinweg entwickelte und trainierte er die Technik akribisch, bevor er mit den Ergebnissen zufrieden war. Die Technik verlangt von dem Künstler große Konzentration: Ein Tropfen von der Graphit-Wasser-Mischung auf der Leinwand und die Arbeit von zwei, drei Monaten ist ruiniert. So lange dauert es, bis das Kunstwerk fertig ist.

Ki Yoon Ko bürstet mit einer speziellen Technik Graphitpulver auf die Leinwand. Hier ein Porträt aus der Reihe "Suzi"
Ki Yoon Ko bürstet mit einer speziellen Technik Graphitpulver auf die Leinwand. Hier ein Porträt aus der Reihe „Suzi“

Ki Yoon Ko wurde in Korea geboren und wuchs in den USA auf. Eher zufällig verschlug es ihn 2003 nach Hamburg. Doch wie sich erst später herausstellte, war das für seinen späteren Erfolg entscheidend. Als im Sommer 2003 Suzi aus Kalifornien mit dem Rad auf der Reeperbahn an ihm vorbei fährt, weiß Ki Yoon Ko, dass er sie malen muss. Diese künstlerische Begegnung ist die Initialzündung für seinen Erfolg in London, New York und Tokio. Mit seiner akkuraten Technik reduziert Ki Yoon Ko in der Serie Suzi realistische Aspekte auf Gesichter oder Silhouetten. Das Ergebnis: große asiatische Portraits, beeindruckende fotorealistische Arbeiten.

Ki Yoon Ko Portrait from Kool Motion Pictures on Vimeo.

Ki Yoon Kos Arbeiten spiegeln den Künstler und seine unermüdliche Suche nach Wegen aus der Bequemlichkeit wider. Immer wieder arbeitet der Künstler mit anderen internationalen Künstlern experimentell zusammen. Es scheint wie ein Widerspruch: Ko, der mit seine akkuraten Graphittechnik nichts dem Zufall überlassen will, gibt in der Zusammenarbeit mit anderen Künstlern gern die Kontrolle ab. Mit der aktuellen Serie Prism spielt Ko mit geometrischen Formen und Linien und setzt damit vorerst einen graphischen Punkt hinter das fotorealistische Kapitel, in dem Suzi entstand.

Ein Bild aus der aktuellen Reihe "Prism"
Ein Bild aus der aktuellen Reihe „Prism“

Zu sehen sind die Werke von Ki Yoon Ko demnächst auf dem 8. Bremer Kunstfrühling vom 16. bis zum 25. Mai.