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Elbvertiefung

Gigantischer Unsinn

 

Das größte Containerschiff der Welt wird am Sonntag im Hafen getauft – für die Stadt ist das kein Grund zu feiern.

Eine eindrucksvolle Party steht bevor. Am Sonntag wird in Hamburg das größte Containerschiff der Welt auf den Namen MSC Zoe getauft: eine stählerne Gigantin mit Platz für 19 244 Standardcontainer. Vor wenigen Jahren waren die größten Schiffe gerade mal halb so groß. Doch ist das gigantische Wachstum tatsächlich ein Grund zu feiern? Leider nicht.

Inzwischen kommt alle paar Monate ein neues größtes Schiff der Welt in den Hafen – jedes Mal trägt es einen anderen Namen und wieder ein paar Hundert Container mehr. Die Rekorde fallen ständig. Auch Zoe wird bald schon übertrumpft sein, Schiffe für 21 000 Container sind längst geordert.

Für einige Reedereien ist dieser Wettlauf ein einträgliches Geschäft. Er verschafft ihnen Aufmerksamkeit, vor allem aber sinkende Kosten in einem gnadenlosen Verdrängungskampf. Die Rechnung ist einfach: Je größer das Schiff, desto billiger ist der Transport jedes einzelnen Containers darauf. Es geht um jeden Euro. Es geht immer noch ein bisschen billiger.

Doch es gibt zu viele Verlierer in diesem Wettkampf. Nicht nur die kleineren Reedereien gehen unter, die im (selbst)zerstörerischen Wettlauf einer Branche nicht mithalten können. Zu den Verlierern zählen auch Hamburg und seine Einwohner, die Steuerzahler.

Für die Hafenstadt bedeuten die Riesenschiffe vor allem: gigantisch steigende Kosten. Ohne ständig wachsende Schiffe brauchte es keine Elbvertiefung für mindestens 600 Millionen Euro. Ohne ständig wachsende Schiffe brauchte es auch nicht ständig wachsende Containerbrücken, größere Stellflächen für Containermassen, neue Gleise und Straßen. Früher kamen die Container auf viele Schiffe verteilt in die Stadt, ein steter Strom. Jetzt kommen sie immer öfter: alle auf einmal.

Für diese Spitzenbelastungen, Peaks genannt, muss der Hafen umgebaut werden. Wer das bezahlt? Natürlich nicht die Reedereien. Sondern im Wesentlichen die öffentliche Hand. Die Hamburger Bürger unterstützen die Riesenschiffe, ob sie wollen oder nicht.

Die Frage ist, ob sich weiterhin die Häfen an die Schiffe anpassen müssen, um jeden Preis. Oder ob es nicht auch andersherum geht.

Es ist volkswirtschaftlicher Unsinn, das Wachstum der Giganten weiterhin dem Spiel der Kräfte zu überlassen. Die Kosten für die Allgemeinheit übersteigen den Nutzen, wie Experten der OECD kürzlich gezeigt haben. Für die Hafenstädte heißt das: Sie müssen den Megaschiffen Grenzen setzen. Sie müssen zusammenarbeiten, am besten europaweit, auch wenn das neu ist für sie. Falls es gelingt, wäre das ein Grund für eine wahrlich gigantische Party.