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HSH Nordbank

Keine sichere Bank

 

Hamburg und Schleswig-Holstein haben sich mit der EU-Kommission über die Zukunft der HSH geeinigt – aber keine Lösung gefunden

Es gibt ein Ergebnis! Endlich! Die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein haben im Beihilfeverfahren zur HSH Nordbank eine Einigung mit der Europäischen Kommission erzielt. Mit dem Ankauf von Schrottkrediten im Wert von 6,2 Milliarden Euro wollen sie ihre marode Landesbank retten. So lautete die vermeintlich gute Nachricht zu Beginn der Woche.

Fällt das Wort „Einigung“, sind die meisten erst mal erleichtert. Das Wort suggeriert, alles sei gut oder würde zumindest bald gut werden. Im Fall HSH allerdings ist das alles andere als sicher.

Denn die Länder haben sich nach den zwei Jahren, die das Verfahren gedauert hat, zwar endlich geeinigt. Aber eine Einigung ist etwas anders als eine Lösung. Und da wird es schwierig: Einigung bezeichnet die Befriedung zweier Parteien, die miteinander in Konflikt stehen, hier also die EU-Kommission und die HSH-Eigentümer Hamburg und Schleswig-Holstein. Lösung hingegen bedeutet, ein Problem zu bewältigen – und das ist in diesem Fall ein Milliardenrisiko, das die Bank für die Länderhaushalte und damit den Steuerzahler darstellt. Doch die Lösung des HSH-Problems wurde mit der getroffenen Vereinbarung erneut auf die Zukunft verschoben.

Die HSH ist und bleibt auch nach einem abgeschlossenen EU-Verfahren das größte Haushaltsrisiko Hamburgs und Schleswig-Holsteins: In der Bilanz der Bank standen zuletzt ausfallgefährdete Kredite von rund 20 Milliarden Euro. Werden diese nicht zurückgezahlt, haften die Länder mit einer Garantie von insgesamt zehn Milliarden Euro.

Um genau diese Garantie ging es in dem jüngsten EU-Verfahren. Es wurde 2013 eröffnet, als die Länder sie von sieben auf zehn Milliarden Euro erhöhen mussten, da wegen der andauernden Schifffahrtskrise immer mehr der vielen Schiffskredite, die die HSH einst vergeben hatte, auszufallen drohten. Die Kommission hatte diese Staatshilfe damals nur vorläufig genehmigt. Jetzt wurde sie endgültig abgesegnet.

Außerdem wurde vereinbart, dass die Bank faule Kredite im Wert von gut acht Milliarden Euro verkaufen darf. Davon nehmen ihr die Länder Portfolios von bis zu 6,2 Milliarden ab, zwei Milliarden können auf dem freien Markt veräußert werden.

Die EU hat dabei vorgeschrieben, dass dies zu Marktpreisen geschieht. Die sind aber mittlerweile sehr viel niedriger als die Preise, die bei der Bank in den Büchern stehen (Wer will schon einen Kredit, der wohl nie zurückgezahlt wird?). Also macht die Bank beim Verkauf Verluste, für die wiederum die Ländergarantie in Anspruch genommen wird. Hamburg und Schleswig-Holstein zahlen also so oder so. Zwar kaufen sie der Bank die Kredite zu einem günstigen Preis ab, müssen den Bankverlust aber über die Garantie wieder ausgleichen. Wie viel das genau kosten wird, ist noch immer unklar.

Ebenfalls Teil der Einigung: Die hohen Gebühren, die die HSH für die Ländergarantie zahlt, werden gesenkt. Auch das entlastet die Bilanz. Und schließlich müssen die Länder ihre Bank binnen zwei Jahren verkaufen, im Idealfall spielt der Erlös einen Teil der Kosten wieder ein.

Die Idee dahinter: Eine von Gebühren und Altlasten befreite Landesbank, noch dazu mit milliardenschwerer Staatsgarantie im Rücken, kann endlich ihrem normalen Geschäft nachgehen und wirtschaftlich erfolgreich sein, weshalb sich auch ein Käufer finden wird.

Um all das umzusetzen, wurde ein komplexes juristisches Unternehmenskonstrukt ausgetüftelt, mit der EU-Kommission, Länder, Bankenaufsicht und Rating-Agenturen einigermaßen leben können. So viel zum Thema Einigung.

Beim Thema Lösung gilt allerdings weiter das Prinzip Hoffnung: Niemand weiß, ob es der HSH reicht, Schrottpapiere im Umfang von acht Milliarden Euro loszuwerden. Eigentlich hatten sich die Bankmanager mehr erhofft. Niemand weiß, ob das Geschäftsmodell der HSH langfristig funktioniert. Das kann sich erst jetzt wirklich zeigen, die Konkurrenz ist jedenfalls groß. Und niemand weiß, ob die Länder in den nächsten zwei Jahren einen Käufer für die HSH finden – und zu welchem Preis sie die Bank überhaupt noch loswerden könnten.

Die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager jedenfalls scheint an eine Zukunft der HSH zu glauben, sonst hätte sie die Sache wohl nicht genehmigt. Möglich ist aber auch, dass sie sich am Ende nicht vorwerfen lassen will, nicht alles versucht zu haben.

Denn es gibt einen Satz, der zwar nicht in der Mitteilung des Senats steht, wohl aber in der Erklärung der EU-Kommission: »Sollte der Verkaufsprozess scheitern, wird die Bank Neugeschäftsaktivitäten einstellen müssen und ihre Vermögenswerte in einer Weise verwalten, die ihrer Abwicklung dient.« So war es einst auch bei der West LB.

Unterm Strich ist es nach wie vor gut möglich, dass die HSH am Ende trotzdem abgewickelt wird. Und die Länder haften weiterhin mit zehn Milliarden für die Bank. Überspitzt könnte man sagen: Hamburg und Schleswig-Holstein haben sich nun mit vielen Milliarden zwei Jahre Zeit gekauft. Sie hoffen, dass die Risiken währenddessen kleiner werden. Das kann sein. Viel anderes bleibt ihnen auch nicht übrig. Eine Lösung ist es nicht.