Lesezeichen
‹ Alle Einträge
Hamburger SV

HSV zurück im Geschäft

 

Hätte mir jemand vor dem Spiel erzählt, dass der HSV gegen Augsburg bereits nach knapp zwanzig Minuten 2:0 führen würde, hätte ich diese Person zunächst wahrscheinlich nur ausgelacht. Hätte die gleiche Person mir dann erzählt, dass der HSV den Vorsprung noch verspielen würde, um nur Augenblicke später den 3:2-Siegtreffer zu erzielen, hätte ich wohl angefangen, ernsthaft am Fußballsachverstand dieser Person zu zweifeln.

Fakt ist aber: Diese Person hätte Recht gehabt.

Ich behaupte jetzt einfach mal, dass niemand ein solches Spiel vom HSV erwartet hat. Es gab ja auch keinen Grund dafür. Zwar habe ich vergangene Woche gegen Bremen schon erkennen können, dass das Offensivspiel der Hamburger im Vergleich zu den vorangegangenen Wochen besser geworden ist, aber als ich dann schrieb, dass die Niederlage mir für die kommenden Spiele Mut gemacht habe, wurde ich dafür von allen Seiten belächelt: von Freunden, Familie und auch von einigen Lesern. Ich schweife ab, es soll hier schließlich um den HSV gehen und nicht um mich.

Es gibt viele schöne Floskeln im Sport. Eine davon lautet: Fußball ist ein Mannschaftssport. Das ist wahr. Wahr ist aber auch, dass Journalisten gerade in schlechten Zeiten einzelne Spieler herauspicken.

So war es in den vergangenen Wochen, Monaten und Jahren beim HSV, und auch ich bekenne mich hier schuldig im Sinne der Anklage. Umso mehr habe ich mich gestern für bestimmte Spieler gefreut, die sich von all den Besserwissern und Journalisten nicht aus der Ruhe haben bringen lassen.

Da wäre zum einen Innenverteidiger Heiko Westermann. Was musste er sich in der Vergangenheit nicht alles anhören. Ein normaler Mensch würde an solch einem Übermaß an Kritik wahrscheinlich zugrunde gehen und jegliches Selbstvertrauen verlieren. Und was macht Westermann? Er kämpft unermüdlich weiter für diesen Verein.

Egal, wie schlecht seine Leistungen zum Teil auch gewesen sein mögen, bei ihm hatte ich stets das Gefühl, dass er alles gibt. Es gibt nicht viele Spieler im HSV-Kader, die sich so bedingungslos für den Verein aufreiben. Aus diesem Grund hat es mich ehrlich gefreut, dass Westermann durch seine starke Vorlage zum 1:0 einen Scorer-Punkt sammeln konnte.

Das vielleicht größte Sorgenkind beim HSV war in dieser Saison aber Pierre-Michel Lasogga. Im vergangenen Jahr noch als Relegationsheld gefeiert, kam der Stürmer in dieser Saison gerade mal auf einen Treffer. Bis zum Spiel gegen Augsburg. Bei seinem ersten Treffer hatte PML noch reichlich Glück, dass der Ball dem Torwart durch die Beine gegangen ist. Sonst hätte Lasogga sich wohl wieder etwas anhören müssen. Dass Lasogga sich selbst nach dem Treffer so feiert, als hätte er gerade Saisontor Nummer 29 geschossen, soll heute nur erwähnt, aber nicht kommentiert werden.

Der zweite Treffer von PML war schlicht und einfach Weltklasse: Aus spitzem Winkel feuerte der 23-Jährige den Ball unter die Latte. Und das kurz nachdem der HSV den 2:2-Ausgleich kassiert hatte. Da kann man sich schon eher einen arroganten Jubel erlauben.

Bei aller Euphorie, die mehr als verständlich ist, darf man aber nicht übersehen, dass sich auch gegen Augsburg die alten Fehler eingeschlichen und zu Gegentoren geführt haben: Ungenauigkeiten im Spielaufbau, schlechte Spielerzuordnung in der Defensive und eine schwache Chancenausbeute sind die Baustellen, die es anzupacken gilt. Dann wird es auch in diesem Jahr mit dem Klassenerhalt klappen.

Zumal die direkten Konkurrenten des HSV auch nicht gerade einen Lauf haben. Stuttgart und Freiburg trennten sich 2:2, und Hannover 96 hat 1:2 gegen die TSG Hoffenheim verloren. Damit steht der HSV zumindest vorübergehend wieder auf dem Relegationsplatz, nur einen Punkt hinter dem rettenden 15. Platz.

Gegen die direkten Konkurrenten Freiburg und Stuttgart spielt der HSV noch. Er hat es also selbst in der Hand. Ich persönlich glaube wieder an ihn. Nicht erst seit gestern, aber seit gestern noch einen Tick fester.