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Kein normales Spiel

 

Im ersten Bundesligaspiel nach den Anschlägen von Paris besiegt der HSV Borussia Dortmund völlig verdient 3:1 und kann sich zumindest vorübergehend vom Tabellenkeller absetzen. Das Spiel selbst verlief zwar ohne Zwischenfälle, die Auswirkungen der Anschläge waren aber dennoch zu spüren.

Kurz vor dem planmäßigen Anpfiff um 20.30 Uhr ist HSV-Trainer Bruno Labbadia noch um Normalität bemüht. Sky-Reporterin Esther Sedlaczek hat gerade noch einmal klargestellt, dass das Spiel gegen Borussia Dortmund angesichts der Attentate von Paris und der Spielabsage von Hannover ja „kein normales Spiel“ sei. Ob er seiner Mannschaft diesbezüglich etwas mit auf den Weg gegeben habe, möchte die Reporterin daraufhin von Labbadia wissen: „Nein, diesbezüglich gar nichts“, antwortet Labbadia. Und weiter: „Sonst bekommen sie (die Terroristen, Anm. d. Red.) im Grunde das, was sie eigentlich haben wollen: Dass sie den normalen Ablauf stören. Und das wollen wir nicht zulassen.“

Nur wenige Augenblicke später stellt sich leider heraus, dass es nicht in Labbadias Machtbereich liegt, ob und wie der Ablauf gestört wird. Um 20.25 Uhr verkündet der Stadionsprecher, dass dass Spiel 15 Minuten später angepfiffen wird. Der Grund hierfür: Verzögerungen beim Einlass. Die Kontrollen am Eingang wurden als Reaktion auf die Anschläge verschärft, auch Journalisten und VIPs, die sich im Hamburger Volksparkstadion einen Eingang teilen und von den Ordnern in der Regel nicht abgetastet werden, sollen gestern gründlich durchsucht worden sein.

Um 20.45 Uhr waren endlich alle Zuschauer im Stadion, die Spieler standen auf dem Platz und das Spiel hätte normalerweise anfangen können. Aber das tat es nicht, denn, lieber Bruno, die Sky-Reporterin hatte leider recht: Das Spiel HSV gegen Borussia Dortmund war kein normales Spiel. Nicht eine, sondern gleich zwei Schweigeminuten gingen dem Anpfiff voraus: Die erste war den Opfern von Paris gewidmet. Danach wurde dem jüngst verstorbenen Altbundeskanzler Helmut Schmidt gedacht. Allerdings nicht mit einer Schweigeminute, wie ursprünglich geplant, sondern mit frenetischem Applaus.

Ab 20.47 Uhr wurde dann tatsächlich auch noch Fußball gespielt. Der HSV, der zuletzt eine kleine Schwächephase hatte, musste gegen den Tabellenzweiten Borussia Dortmund unbedingt punkten, um nicht weiter in den Tabellenkeller zu rutschen. Zwar hat der HSV in der jüngeren Vergangenheit immer eine gute Figur gemacht, wenn es gegen Dortmund ging, aber an einen Sieg habe ich angesichts der Verletzungssorgen beim HSV nicht geglaubt. Umso mehr habe ich mich hinterher über den völlig verdienten 3:1-Sieg gefreut.

Gefreut haben sich auch die beiden Torschützen Lewis Holtby und Pierre-Michel Lassoga. Nach dem Spiel gaben die beiden ein gemeinsames Interview, bei dem zumindest Holtby das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekam. Das lag unter anderem an seinem Teamkollegen Lasogga. Dieser hielt das T-Shirt in die Fernsehkamera, dass er unter dem Trikot trug und welches er bei seinem Torjubel bereits kurz aufblitzen ließ. Darauf zu sehen: Lasogga als Supermann, eine Anspielung auf den Dortmunder Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang, der sich gerne mal als Batman verkleidet. „Ich finde in dieser schwierigen Zeit, gehört einfach ein bisschen Spaß dazu. Ich hoffe, der eine oder andere konnte drüber lachen.“

Ich konnte.