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Montagsdemonstrationen

Immer wieder montags: Attacke der Weltverschwörer

 

Anhänger kruder Verschwörungstheorien starten bei Facebook einen Shitstorm gegen deutsche Medien. Tatsächlich geht es dabei um Werbung für die antisemitischen und rechtspopulistischen Montagsdemonstrationen, die auch in Hamburg stattfinden.

Von Steffi Hentschke, Tobias Johanning & Frederic Zauels

Am Dienstag war die Verwirrung in deutschen Onlineredaktionen groß. Unter beinahe jedem Beitrag bei Facebook beschwerten sich Leser über die einseitige Berichterstattung zu Russland und die vermeintliche Medien-Mafia aus ARD, ZDF und Co., die bewusst die sogenannten Montagsdemos verschweigen würde. Dass aber diese Demos allein das Ziel verfolgen, krude Verschwörungstheorien und Antisemitismus zu verbreiten, das erwähnten die Protestler bei ihrem viralen Angriff nicht.

© Jonas Walzberg
© Jonas Walzberg

Bereits vergangene Woche hatte Mittendrin über den Hintergrund dieser neuen Montagsdemonstrationen berichtet, die seit Ende März wöchentlich stattfinden. Von den Veranstaltern werden sie als „Friedensmahnwachen“ bezeichnet. Zuletzt nahmen in Hamburg 200 Menschen an der Montagsdemonstration teil.

Judenhass statt Friedenswünsche

Am vergangenen Montag bemühten sich die Redner, das Zentralbankensystem der USA zu kritisieren und konnten ihr antisemitisches Weltbild dabei kaum kaschieren. Ihre Schlussfolgerungen waren so simpel wie haltlos: Das Bankensystem werde von einer einflussreichen jüdischen Familie gesteuert, womit bewiesen sei, dass „die Juden“ im Hintergrund eben doch die Fäden zögen. Eine Argumentation, an der auch Rechtsextremisten ihre Freude hätten. Mit dem angekündigten Aufruf zum Frieden hatte das wenig zu tun.

Hinter der Aktion steckt ein verhältnismäßig kleiner Personenkreis, der bereits in der Vergangenheit auf sich aufmerksam gemacht hatte. Ganz vorne dabei: Ken Jebsen, der in Berlin an den Montagsdemonstrationen mitwirkt und der für seinen Antisemitismus bekannt ist. Der Deutsch-Iraner wurde 2011 vom RBB entlassen, nachdem er verschwörungstheoretische Positionen in seiner Radiosendung verbreitet hatte. Seitdem betreibt er seine Sendung spendenfinanziert weiter und artikuliert dort seinen Hass gegen Israel und gegen das Judentum. Zudem ist Jebsen Autor bei dem rechtspopulistischen Magazin Compact. Im vergangenen Herbst veranstaltete das Magazin eine hochkarätig besetzte Konferenz, auf der auch Thilo Sarrazin seine einwandererfeindlichen Thesen präsentieren durfte.

Auch eine weitere personelle Überschneidung zeigt die politische Nähe zwischen Magazin, Konferenz und Demonstrationen. Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer war früher Autor von Konkret und Freitag und gilt heute als überzeugter Rechtspopulist. Elsässer hätte gern bei einer der vergangenen Montagsdemonstrationen in Hamburg gesprochen. Ganz zum Unmut des Hamburger Veranstalters Henrik Hanssen: Der Physikstudent an der Universität Hamburg versucht mit aller Kraft, sich gegen eine eindeutige politische Positionierung zu wehren. Mit mäßigem Erfolg.

Applaus von der AfD

Zumindest in Berlin steigt die Teilnehmerzahl an den Demonstrationen stetig und spätestens seit dem Start des Facebook-Shitstorms  sind alle Verfechter kruder Ideen über die Initiative informiert. So hat der mecklenburg-vorpommersche Landesverband der Alternative für Deutschland (AfD) begeistert ein Foto von der Berliner Montagsdemonstration auf Facebook geteilt. Die Partei gibt ihren Anhängern Tipps, wie sie zum nächsten Termin am Ostermontag mit der Deutschen Bahn kostengünstig nach Berlin reisen. Ein Kommentator prophezeit: „Warte ab, bald gibt es Sonderzüge oder Busse.“ Ein Ende der menschenfeindlichen Demonstrationen ist also erst einmal nicht abzusehen.