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Hamburg Mural Art

Mit Urban Art gegen Investorenwahn

 

Kunst im öffentlichen Raum? Gibt es in Hamburg eine Menge. Rudolf Klöckner stellt regelmäßig neue Wandgemälde vor. Diesmal: zwei Werke der Low Bros im Gängeviertel

Die beiden Brüder Christoph und Florin Schmidt sind zwei sympathische, ruhige Personen, denen man gerne auf der Straße begegnet, um sich spontan stundenlang darüber zu unterhalten, was eine Großstadt wie Hamburg lebenswert macht. Bei dem Gespräch geht es um anonyme Architektur und austauschbare Innenstädte, um eben die Orte, die überall auf der Welt gleich zu sein scheinen. Und es geht um Orte, die anders sind – um individuelle, kulturelle Freiräume, die so wichtig für Städte wie Hamburg oder Berlin sind. Ein solcher Ort ist das Gängeviertel, wo die beiden im Juni in einer Woche zwei große Wandbilder an die Fassade des frisch sanierten Hauses am Valentinskamp gemalt haben.

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Zwei neue Murals des Künstlerduos Low Bros an der ehemaligen „Rama-Wand“ im Gängeviertel (Foto: Kay Grimm)

Christoph und Florin Schmidt sind für ihre zwei neuesten Murals kurzzeitig in ihre alte Heimatstadt Hamburg zurückgekehrt. Im Kupferdiebehaus, wie das mehrgeschossige Wohnhaus des Gängeviertels genannt wird, begann 2009 ihre gemeinsame Künstlerkarriere. Bei der damaligen friedlichen Besetzung des Gängeviertels bezogen neben anderen Künstlern auch die beiden Brüder ihr erstes gemeinsames Atelier. In ihm arbeiteten sie zusammen unter dem Namen Low Bros und in der hauseigenen Galerie zeigten sie ihre eigenen Werke und kuratierten Ausstellungen.

Seit dem Jahr 2009 ist eine Menge passiert. Das Gängeviertel hat seinen selbsternannten Status „kreative Besetzung“ ablegt und ist zu einem selbstverwalteten kulturellen Freiraum geworden, in dem mehrere Dutzend Künstler und Kreative gemeinsam arbeiten und wohnen. Und die Low Bros haben ihr Atelier mittlerweile in Berlin und stellen nicht mehr nur in kleinen Off-Galerien aus, sondern haben sich mit ihrer Kunst einen festen Platz auf der Weltbühne der Urban Art erarbeitet.

An der großflächigen Fassade des Hauses im Valentinskamp war früher eine handgemalte Werbung der Margarinefirma Rama zu sehen. Nach der Sanierung durch die Stadt aber war die Wand weiß, was das Gängeviertel dazu bewegte, jemanden zu suchen, der sie neu gestaltet. Die Wahl fiel auf die Low Bros. Die Künstler sind nicht nur ortsverbunden, sondern können die Botschaft des Gängeviertels durch ihr internationales Renommee auch über die Grenzen Hamburgs hinaustragen.

Detail des Wandbildes vor dem Hintergrund des gegenüberliegenden Bürogebäudes (Foto: URBANSHIT)

Entstanden sind zwei knapp 20 Meter hohe Wandbilder. Das linke der beiden Murals zeigt das Gängeviertel. Es ist angelehnt an sein bekanntes kreisrundes, rotes Emblem und soll für das Viertel in seiner bunten, kulturellen Vielfalt stehen. Ein gallisches Dorf, das der Entwicklung der investorengesteuerten Stadt und Architektur ringsherum trotzt. Eine Kulturkeimzelle, die sich friedlich behauptet gegen die immer näher rückende Glasarchitektur der Innenstadt. Das zweite, leicht nach hinten versetzte Mural zeigt eine riesige Säge; das unabdingbare Werkzeug der Kupferdiebe und jahrelang das Emblem der gleichnamigen Galerie im Erdgeschoss des Hauses.

Einer der beiden Künstler auf dem Hubsteiger bei der Entstehung des knapp 20 Meter hohen Murals (Foto: URBANSHIT)

Die beiden Wandgemälde sind nicht nur schön anzusehen, sondern ein Stück Wertschätzung. Wertschätzung gegenüber einem Ort, der so wichtig ist für Hamburg – und alle anderen Großstädte.

Künstler:
Low Bros (Deutschland)
Ort:
 Caffamacherreihe / Ecke Valentinskamp, Hamburger Innenstadt

Über die Künstler: Das Künstlerduo Low Bros besteht aus den beiden Hamburger Brüdern Christoph und Florin Schmidt. Mit ihren Arbeiten erschaffen die Low Bros eine komplexe Bildwelt, die beeinflusst ist von unterschiedlichen urbanen Jugendkulturen wie Graffiti, Hip-Hop, Comic und Computerspielen. Die Low Bros gehören zu den nennenswertesten Urban-Art-Künstlern Deutschlands.

Website der Low Bros
Low Bros auf Facebook

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