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Musical

Genug experimentiert

 

Das Musical „Das Wunder von Bern“ war ein Wagnis, jetzt wird es abgesetzt. Schade – aber auch nachvollziehbar.

Können große Musicals abseits vom Mainstream funktionieren? Es muss ja nicht Avantgarde sein und meilenweit vom Massengeschmack entfernt. Aber zumindest ein kleines bisschen Mut zum Ausprobieren, zum Beispiel mal ohne Disneyfilm-Vorlage?

In Hamburg lautet die Antwort: eher nicht. Jüngstes Indiz: Der Musicalkonzern Stage Entertainment wird Das Wunder von Bern nur noch bis Januar im Hamburger Hafen spielen. Das Stück, das sich um die Fußball-Weltmeisterschaft 1954 und das traumatisierte Nachkriegsdeutschland dreht, galt als eines der mutigsten und anspruchsvollsten Musicals, die der Unterhaltungskonzern bislang hervorgebracht hat.

Nur finanziell war die Unternehmung vermutlich kein großer Erfolg. Allein die Produktion hatte Stage 15 Millionen Euro gekostet und zählte damit zu den teuersten. Normalerweise wird ein Stück, sind die Kosten erst wieder eingespielt, so lange aufgeführt, bis es sich nicht mehr lohnt. Das sieht man an König der Löwen, das nur wenige Hundert Meter weiter bereits seit 15 Jahren gezeigt wird. Das Wunder von Bern schaffte es nur gut zwei Jahre. Dass es vorerst nicht auf Tour gehen soll, spricht für sich. Man kann nun viel spekulieren: Lag es wirklich am nicht ganz so leicht verdaulichen Nachkriegsthema? War der Fußball schuld? (Angeblich wollen Frauen, die das Gros der Eintrittskarten kaufen, ja immer was mit Liebe) Und natürlich: Was kommt nun? Harry Potter?

Sehr wahrscheinlich ist jedenfalls, dass es in Zukunft noch weniger Experimente geben wird. Seit der Finanzinvestor CVC bei Stage das Sagen hat, wird dort penibel auf die Zahlen geguckt. Die waren zuletzt nicht gut. Weshalb wohl wieder mehr Bewährtes zu erwarten ist.

Schade, aber irgendwie passt es auch. Hamburg ist eben die Stadt der Kaufleute und nicht des Broadways.