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Haare schneiden oder nicht?

 

Ist die Euro-Zone insolvent oder kriegt sie noch die Kurve? Das ist die alles entscheidende Frage, um die es sich hier, bei Weissgarnix und bei Kantoos immer wieder dreht. Die Skeptiker, sind davon überzeugt, dass die Solvenz nicht mehr gegeben ist und deshalb umgeschuldet werden sollte. Die Optimisten, dazu zählt wohl die EU, glauben, dass es sich nur um ein Illiquiditätsproblem handelt, dass mit Überbrückungskrediten gelöst werden kann. Also: Alte Schulden mit neuen Schulden bekämpfen oder Umschuldung?

Wie wäre es, wenn wir pragmatisch an die Sache herangehen? Ich habe die Szenarien nicht selbst im Detail durchgerechnet, doch nach Gesprächen mit Leuten, die das getan haben, gelange ich zu der Überzeugung, dass eine Konstellation von Nominalwachstum, Zins und Primärüberschuss denkbar ist, die mit Schuldentragfähigkeit vereinbar ist – in allen Länder bis vielleicht auf Griechenland und natürlich nur, wenn man es mit der Konditionalität nicht übertreibt. Und eines sollte doch zumindest unstrittig sein: Insgesamt ist der Euro-Raum mit einem Bruttoschuldenstand von 84,1 Prozent des BIP und einem Leistungsbilanzdefizit von 0,4 Prozent desselben allemal solvent.

Weil zugleich die Risiken eines Haircuts – Destabilisierung der Finanzmärkte, Ansteckung – doch recht hoch erscheinen, sollte man es mit den bisherige Methoden noch einmal versuchen. Deshalb habe ich ein Problem mit der kategorischen Aussage, es bringe doch nichts, nur mehr Geld auf das Problem zu werfen. Manchmal hilft das eben doch, und einen Versuch ist es wert. Die Haare können wir später immer noch schneiden.

Klar ist: Je länger wir warten, desto mehr müssen Jean-Claude Trichet und Klaus Regling statt Josef Ackermann und Martin Blessing die Haare lassen. Die EZB wird weiter griechische Bonds aufkaufen, der Rettungsfonds das volle 100-Milliarden-Programm abspulen – in drei Jahren ist ein großer Teil der griechischen Schulden also nicht mehr in privater, sondern in staatlicher Hand, ohne senior status.

Aber dann rekapitalisieren wir eben die EZB, es gibt Schlimmeres. Und ich sage es immer wieder: Wenn wir damit Verteilungsprobleme haben – und die sollten wir haben – knöpfen wir den Sparern, die davon profitieren, dass wir ihre Ersparnisse retten, das Geld eben wieder ab.