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Weber geht und die Zinsen steigen

 

Axel Weber hat heute dem Vernehmen nach nicht an der Ratssitzung der EZB teilgenommen – und trotzdem wurde beschlossen, die Zinsen bei der nächsten Sitzung anzuheben. Soviel zum Thema ohne die Deutschen geht in Europa der Sinn für die Preisstabilität verloren.

Eine ganz andere Frage ist es, ob die Zinserhöhung angemessen ist. Mein Eindruck ist: Die Notenbanker glauben selbst nicht daran, dass rein makroökonomisch betrachtet jetzt schon höhere Zinsen nötig sind. Es gibt, wie Trichet einräumte, noch keine Anzeichen für Zweitrundeneffekte, die Konjunktur ist noch schwach und der Anstieg des Ölpreises wird sie zusätzlich belasten – und sogar nach den Prognosen der EZB wird die Teuerungsrate im kommenden Jahr unter die Zielmarke von zwei Prozent fallen. Keine Frage: Irgendwann müssen die Zinsen wieder steigen, das ist auch in den Prognosen unterstellt. Aber warum jetzt schon losschlagen?

Ich tippe auf politökonomische Gründe. Trichet will demonstrieren, dass die EZB unabhängig und zu unpopulären Schritten bereit ist. Es handelt sich um eine Art pre-emptive strike, der die Kritiker vor allem in Deutschland ruhig stellen soll. Denn gerade hierzulande fürchten viele, dass die Zentralbank durch ihre vielfältigen Rettungsmaßnahmen verbotenes Terrain beschritten hat. Die Zinserhöhung wird in den einschlägigen Zirkeln Applaus hervorrufen. Ich kann die Schlagzeilen morgen schon erahnen.

Wenn man so will, ist dieser Schritt also in erster Linie eine PR-Maßnahme, zumal wenn es bei einer kleinen Anhebung um 25 Basispunkte bleibt und die Liquiditätshilfen für die Banken fortgesetzt werden. Das kann man so machen, andererseits: Warum?

Update: Für alle die es härter mögen: Kantoos hat eine sehr kluge – und radikale – Kritik der EZB verfasst.