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Bravo, Frau Merkel!

 

Die halbe Republik zieht über die Kanzlerin her, weil sie in Sachen Griechenland angeblich kapituliert hat. Tatsächlich ist die Verhandlungstaktik der Bundesregierung alles andere als optimal. Sie hat sowohl die Finanzmärkte (durch die Androhung, dass es eine harte Beteiligung der Privatgläubiger geben wird) als auch die Bevölkerung (durch den Rückzug am vergangenen Freitag) in Aufruhr gebracht.

Gibt es eigentlich niemanden, der vorher einmal checkt, ob ein Vorschlag durchsetzungsfähig ist, bevor dieser von der Politik auf die Marktplätze getragen wird? Oder gibt es so jemanden (was ich vermute) und die Politiker hören nicht auf ihre Berater, weil sie Angst vor dem Stammtisch haben? Das ist alles andere als klug. Erst den Dicken machen und dann klein beigeben – damit macht man sich dort keine Freunde. Das gilt vor allem dann, wenn es gegen Frankreich geht. Den Franzosen Zugeständnisse zu machen, das gilt in Deutschland auch sechzig Jahre nach Kriegsende immer noch irgendwie als Vaterlandsverrat.

Aber abgesehen davon: Das jetzt gefundene Ergebnis ist nicht so schlecht, und mir persönlich ist es ziemlich egal, ob Jean-Claude Trichet, Josef Ackermann oder Nicolas Sarkozy die Kanzlerin dazu gebracht haben oder sie von selbst darauf gekommen ist. Es kommt darauf an, was hinten raus kommt. Wenn die Bundesregierung von Anfang an gesagt hätte, wir machen eine freiwillige Lösung im Einklang mit der EZB, dann hätte es zwar auch Kritik gegeben, aber nicht dieses Theater.

Nun kommt es auf die Umsetzung an. Mit Zuckerbrot und Peitsche, so sagt es Finanzminister Wolfgang Schäuble, sollen der Privatsektor dazu gebracht werden, sich an der Finanzierung des nächsten Hilfspakets für Griechenland zu beteiligen. Das Handelsblatt meldet, Deutschland erwäge, Investoren mit einem vorrangigen Status zu belohnen, wenn sie ihre Anleihen in solche mit längerer Laufzeit umtauschen.

Das klingt auf den ersten Blick nach einer geschmeidigen Idee. Aber nur auf den ersten Blick. Denn wenn die neuen Anleihen Vorrang haben, wird automatisch die Wahrscheinlichkeit sinken, dass die alten bedient werden. Die Regierung in Athen kann jeden Euro schließlich nur einmal ausgeben.

Die Vorrangigkeit ist ja auch das, was viele Investoren am ESM fürchten. Nach den Plänen der EU sollen ab 2013 die staatlichen Rettungskredite Vorrang haben – womit die Gefahr wächst, dass der Privatsektor sein Geld nicht mehr bekommt (weshalb keiner die benachteiligten normalen Bonds kaufen will).

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ratingagenturen bei einer solche Lösung untätig blieben, und sie hätten vollkommen recht damit.

Update: Es stimmt schon, in Griechenland rebelliert das Volk gegen die Austerität. Aber woher nehmen die Anhänger einer Umschuldung eigentlich die Zuversicht, dass das Land weniger sparen müsste, wenn es umschuldete. Griechenland hat immer noch ein Primärdefizit und der Markt wird zunächst einmal geschlossen sein und vielleicht zieht auch noch die EZB den Stecker. Die Umschuldung kann funktionieren – aber nur mit einem neuen Hilfspaket und mit so etwas wie Brady-Bonds, damit die EZB weiter finanzieren kann. Umschuldung oder weiter mit Krediten helfen, auch wenn die dann immer mehr den Charakter von Subventionen annehmen, weil die Zinsen kräftig gesenkt werden müssten: Die beiden Wege sind vorstellbar, alle anderen führen in die Katastrophe.