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Die EZB sitzt in der Falle

 

Fast alle der Ökonomen, die ich eigentlich schätze, plädieren für sofortige und radikale Interventionen der EZB im Kampf gegen die Krise. Ich bin da etwas skeptischer, aus einer Reihe von Gründen (mit Inflation haben sie alle nichts zu tun): Da ist das Anreizthema, denn in der Tat besteht die Gefahr, dass sich Regierungen auf die Zentralbank verlassen und ihre Hausaufgaben nicht machen. Da ist das Verteilungsthema, denn wenn die EZB interveniert und es zu Ausfällen kommt, werden anders als im nationalstaatlichen Kontext Ressourcen zwischen Ländern umverteilt. Und das ist das juristische Thema, denn das Mandat der Zentralbank ist nun einmal wie es ist und Staatsfinanzierung kommt darin nicht vor.

Richtig: Anreize lassen sich durch Konditionalität setzen, Umverteilung ist nicht notwendig schlecht und Mandate können geändert werden, doch das ist nicht mein Punkt hier. Der Punkt ist, dass es Argumente gibt, die zur Vorsicht mahnen.

Wenn man die Restriktionen der EZB ernst nimmt und sozusagen systemimmanent argumentiert, dann ergibt sich aber ein ganz anderes Problem aus der Zurückhaltung: Je mehr die Notenbank die Rolle des lender of last resort  im Staatssektor verweigert, desto mehr muss sie den lender of last resort im Privatsektor spielen, weil die Verschärfung der Krise dazu führt, dass sich die Banken nicht mehr über den Markt refinanzieren können.

Was meine ich damit? Je größer die Unsicherheit, desto mehr nimmt die Inanspruchnahme der Notenbank durch die Privatbanken zu.  Zugespitzt formuliert: Jede Staatsanleihe, deren Kauf die EZB verweigert, landet am Ende als Sicherheit von einer Geschäftsbank doch auf ihrer Bilanz. Denn die Banken refinanzieren sich bei der Notenbank und hinterlegen Staatsanleihen als Pfand.

Nun kann man natürlich argumentieren, es gehöre zu den ureigensten Aufgaben einer Zentralbank, für die Geschäftsbanken den Kreditgeber der letzten Instanz zu spielen. Das sehe ich auch so. Der Punkt ist nur: Ob über die Refinanzierungsgeschäfte oder direkt über das Ankaufprogramm, die Anleihen landen bei der EZB. Das Risiko kommt durch die Hintertür zurück.

Und die Daten sind eindrucksvoll. Diese Grafik zeigt die geldpolitischen Ausleihungen der EZB – lending to euro area credit institutions related to MPOs denominated in euro – an die Geschäftsbanken.

Kredite der EZB an Banken

Die Summen haben sich seit Ausbruch der Krise verdoppelt. Die EZB hält den Laden zusammen. Man kann es nicht anders sagen.