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Wie gerecht ist der Zypern-Deal?

 

Die Einigung über das Rettungsprogramm ist von vielen Seiten kritisiert worden (etwa von Frank Lübberding und  Eric Bonse). Man kann wie bei jedem Kompromiss einiges kritisieren, aber ich denke dennoch, dass die Richtung stimmt. Hier kommen die Gründe:

1. Der Grundsatz der Rettungspolitik war bisher, dass nirgendwo Verluste anfallen. Deshalb hat man den Iren die Last ihrer Banken aufgebürdet. Ich denke, dass es dafür gute Gründe gab. Die Ansteckungsgefahr war schließlich sehr groß. Aber klar ist auch: Es kann nicht so weitergehen, dass jede kleine Sparkasse rausgehauen wird, weil man Angst hat vor den Märkten.

2. Die EU verfügt heute über bessere Schutzschirme und ist so für Turbulenzen gerüstet.

3. Warum dann nicht die Banken (also die Bankgläubiger) enteignen, statt die Sparer? Antwort: Weil es in Zypern kaum Bankgläubiger gibt. Die zyprischen Banken finanzieren sich vor allem über Einlagen. Jacob Funk Kirkegaard hat auf  Daten der EZB hingewiesen, wonach die ausstehenden Anleihen gerade einmal 1,8 Prozent der Verbindlichkeiten der Banken ausmachen. Will sagen: Wer in Zypern die Banken beteiligen will, der muss die Bankeinleger beteiligen.

4. Was jetzt in Zypern beschlossen wurde ist kein Haircut, sondern eine Steuer auf Vermögen. Und nirgends steht geschrieben, dass Vermögen nicht besteuert werden darf. Ich hätte mir eine andere Ausgestaltung gewünscht: Vielleicht Freibeträge für Kleinsparer und einen progressiven Verlauf — und vielleicht hätte man auch andere Vermögensarten mit einbeziehen können. Aber im Grundsatz ist die Vorgehensweise korrekt.

5. Warum werden die Halter von Staatsanleihen nicht angetastet? Das hätte man natürlich machen können. Aber erstens werden zyprische Staatsanleihen vor allem von zyprischen Banken gehalten, so dass das Problem nur verschoben worden wäre. Und zweitens hätten wir sofort wieder eine Debatte über die Sicherheit von Staatsanleihen in der Euro-Zone.

6. Im Fall Zyperns wurde – nicht zuletzt auf Druck des IWF – anerkannt, dass es in dieser Krise nicht nur um Liquidität, sondern auch um Solvenz geht. Es fallen Verluste an und das bedeutet, dass Forderungen und Vermögen vernichtet werden. Irgendjemand muss das tragen. Und wenn es die Bankeinleger nicht tun, dann müssen es die Steuerzahler tun.

7. Ich denke, dass diese Erkenntnis zunehmend die Politik beeinflussen wird und wir eine neue Phase der Krise erreicht haben.

8. Werden die Märkte am Montag durchdrehen? Ich weiß es nicht, mein Gefühl sagt mir aber, dass nicht.

Update: An alle meine Kritiker, die sich jetzt so darüber empören, dass die Sparer dran glauben müssen. Wo hätte das Geld herkommen sollen, wenn nicht die Steuerzahler in Europa noch größere Lasten hätten tragen sollen? Bankgläubiger gibt es wie gesagt nicht. Wer die Banken in die Pleite schicken will oder gar Zypern aus der Euro-Zone ausschließen will, der entwertet die Guthaben ebenfalls. In der realen Welt müssen Entscheidungen getroffen werden, Wehklagen ist keine Lösung.