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Gabriels Optionen

 

Fabian Lindner hat gestern auf die Problematik der Pläne des Wirtschaftsministers zur Ankurbelung der Investitionen hingewiesen. Ich will mich noch einmal mit diesem Thema befassen. Zunächst einmal ist Gabriels Diagnose ja richtig: Es gibt jede Menge anlagewilliges Kapital und trotzdem kaum Investitionen. Das ist allerdings kein bug, sondern ein feature der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage. Wir stecken in der Krise, weil nicht genug investiert wird – privat wie öffentlich.

Die Frage ist jetzt: Wie kommen wir da raus, wenn wir nicht einfach warten wollen, bis die Investitionen irgendwann von selbst vielleicht wieder anspringen.

1. Der Staat kann die Steuern erhöhen, um damit die öffentlichen Investitionen zu finanzieren. Damit ließe sich das Problem der öffentlichen Investitionen lösen. Aber weil das budgetneutral wäre und unter Umständen nicht mehr gesamtwirtschaftliche Nachfrage geschaffen wird, möglicherweise nicht das Problem der privaten Investitionen. Deshalb taugt diese Variante nur bedingt.

2. Der Staat kann versuchen, Investitionen anzureizen. Das ist die Variante von Gabriel. Denkbar wäre zum Beispiel, dass öffentliche Investitionen über einen Fonds finanziert werden, der Anleihen ausgibt, die ganz oder zum Teil staatlich garantiert werden. Das wird aber immer mit einer Subvention des Finanzsektors einhergehen. Entweder die Anleihen werden voll garantiert, so dass sie aus Anlegersicht sich praktisch wie Staatsanleihen verhalten. Dann übernimmt der Staat aber das Risiko (und auch haushaltsrechtlich wäre das wohl problematisch). Oder das Risiko verbleibt bei der Finanzindustrie, dann aber müssten höhere Renditen geboten werden, denn offensichtlich ist ja in der Privatwirtschaft derzeit niemand bereit, von selbst ins Risiko zu gehen.

3. Der Staat könnte das überschüssige Geld einer produktiven Verwendung zuführen, indem er es sich ausleiht und es selbst für Investitionen ausgibt. Das wäre finanztechnische die günstigste Variante, da Deutschland derzeit praktische keine Zinsen bezahlen muss, um sich zu verschulden. Es wäre sogar möglich, ohne irgendwelche Regeln zu brechen, weil Deutschland laut Schuldenbremse und der Stabilitätspakt noch Spielraum hat – in diese Richtung zielten ja auch die Bemerkungen von Mario Draghi zum fiscal stance in seiner Rede in Jackson Hole.

Was folgt daraus? Dass Gabriel sich nicht an die Schuldenbremse und den Stabilitätspakt herantraut, kann ich politisch nachvollziehen. Dass er aber nicht einmal den Spielraum ausnutzen will, den sie hergibt, halte sich für grundfalsch – und die SPD kann das eigentlich nicht hinnehmen.

Abgesehen davon ist die Variante der Mobilisierung des privaten Kapitals meiner Ansicht nach – trotz der berechtigten Einwände von Fabian – als second best Lösung immer noch besser als gar nichts. Lieber eine neue Schule und dabei die Allianz (und damit übrigens auch deren Kunden) ein wenig päppeln als gar keine neue Schule. In einer idealen Welt bräuchten wir das alles nicht, weil wir unsinniges Zeug wie die Schuldenbremse nicht hätten. Aber die Welt ist nicht ideal.