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Wer soll die Banken beaufsichtigen?

 

Ich war heute auf einer sehr interessanten Konferenz des Financial Risk and Stability Networks zur Bankenunion in Berlin. Es ging dort unter anderem um die Frage möglicher Interessenkonflikte zwischen Geldpolitik und Bankenaufsicht und der institutionellen Konsequenzen daraus.

Die Existenz von Zielkonflikten wurde von niemandem geleugnet – aber was das Institutionelle angeht hat Jeromin Zettelmeyer aus dem Wirtschaftsministerium einen wichtigen und mir neuen Punkt gemacht.

Die herrschende Lehre gerade in Deutschland lautet ja, dass die Ansiedelung der Bankenaufsicht bei der EZB problematisch ist, weil dadurch die Notenbank ihre stabilitätspolitische Verantwortung vernachlässigen könnte. Exemplarisch dazu die Bundesbank:

Eine Notenbank mit Aufsichtsverantwortung könnte beispielsweise geneigt sein, die Liquiditätsbereitstellung von der Situation der von ihr beaufsichtigten Banken abhängig zu machen. Dies würde aber im Konflikt dem Ziel der Preisstabilität stehen. So könnte etwa eine Zinserhöhung, die aufgrund der Preisentwicklung angemessen wäre, hinausgezögert oder sogar unterlassen werden, wenn dadurch das Risiko bestünde, dass beaufsichtigte Banken in Schwierigkeiten geraten

Die Logik dieses Arguments lautet also, dass den Notenbankern die Bankenrettung im Zweifel wichtiger ist als die Preisstabilität und deshalb die Aufsicht idealerweise bei einer anderen Institution angesiedelt sein müsste.

Jeromin Zettelmeyer stellt nun die absolut berichtigte Frage, warum das so sein sollte. Und ob es nicht eher genau andersherum wäre – ob also eine Notenbank wie die EZB mit einem klar definierten Mandat der Preisstabilität nicht im Zweifel die Finanzstabilität vernachlässigt, weil sie ganz und gar auf die Inflation fixiert ist.

Das scheint mir ein valider Punkt zu sein. Ich glaube, er lässt sich sogar empirisch belegen. Die EZB würde meiner Ansicht nach längst einen viel expansiveren Kurs fahren, wenn sie nicht dauernd dem Generalverdacht ausgesetzt gewesen wäre, sie tue das nur, um böse Überraschungen beim Stresstest zu vermeiden.

Mit Zettelmeyers Worten: Die Gefahr einer monetary dominance ist viel größer als die Gefahr einer financial dominance.

Am Ende würde die Politikempfehlung auch die einer Trennung der beiden Bereiche sein, aber die Beweisführung würde umgedreht – was wieder einmal zeigt, dass es immer sinnvoll ist, scheinbare Gewissheiten zu hinterfragen.