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Die Mär von der EZB als Bad Bank

 

Die halbe Republik scheint sich einig zu sein: Indem sie nun Asset Backed Securities (ABS) kauft, mutiert die Europäische Zentralbank zur Mülldeponie für Bilanzschrott. „Die EZB wird damit vollends zu einer Bail-out-Behörde und einer Bad Bank Europas“, formuliert Hans-Werner Sinn, Jürgen Stark jammert, die Notenbank nehme „unkalkulierbare Risiken“ auf ihre Bilanz, und Bernd Lucke von der AfD empört sich, diese Papiere hätten „die Finanzkrise ausgelöst“.

Haben sie nicht. Und auch sonst liegen die Kritiker – wie schon bei ihrer Vorhersage einer drohenden Inflation – schwer daneben. Die Finanzkrise ausgelöst haben wenn überhaupt dann amerikanische ABS, weil dort Schrotthypotheken verbrieft wurden. In Europa war das nicht der Fall. Deshalb sind die Ausfallraten – Yves Mersch hat daran erinnert – auf dieser Seite des Atlantiks erheblich niedriger, wie auch diese Tabelle von Fitch zeigt.

Grafikl: Table Pre-Crisis Vintage Comparison

Und von diesen Papieren kauft die EZB auch noch nur die besonders sichere senior tranche. Fitch hat sich nun genau angesehen, um welche Papiere es geht. Ergebnis:

Minimal Credit Risk: Fitch considers the eligibility criteria to be conservative; we therefore believe the ECB is taking only minimal credit risk with the ABSPP. As a hypothetical example, if the same criteria had been used to select eligible bonds from cohorts before the onset of the credit crisis, the resulting lifetime credit losses would have been less than 0.001%. 

Aber kauft die EZB nicht Schrott aus Griechenland und Zypern?

Greek and Cypriot bonds are specifically exempted from the minimum ratings requirement. However, such bonds must have the maximum securitisation rating achievable in the jurisdiction, have credit enhancement of at least 25%, and be in compliance with additional counterparty and investor reporting requirements. These exemptions are mainly relevant for the  purposes of incentivising future issuance, as there are no Cypriot securitisations and Greek  bonds currently account for only 0.3% of Fitch-rated securitisations. At present, no Greek securitisation bonds meet all the ABSPP requirements.

Mit anderen Worten: Man kann lange darüber streiten, ob ABS-Käufe mit Blick auf die Stimulierung der Wirtschaft ein sinnvolles Instrument sind – auch ich hätte hier meine Zweifel, da ich das Problem vor allem auf der Kreditnachfrageseite sehe. Doch zu suggerieren, die EZB ruiniere durch diese Käufe ihre Bilanz, ist entweder ein Zeichen eines hemmungslosen Populismus oder erheblicher ökonomischer Ahnungslosigkeit.

Deshalb mache ich auch der Bundesbank – deren ökonomische Kompetenz ich trotz unterschiedlicher Auffassungen in einigen Fragen im Allgemeinen sehr schätze – an dieser Stelle einen Vorwurf. Denn Jens Weidmann hat sich für das Bad-Bank-Argument vereinnahmen lassen und es zum Teil sogar noch befeuert (auch wenn die Äußerungen selbst natürlich differenzierter sind als die Schlagzeile, die daraus gemacht wird). Weidmann hätte einfach sagen können, die ganze Sache bringt nichts und lenkt von den eigentlichen Problemen ab. Aber er musste den Steuerzahler einführen, und ich vermute, das hat auch damit zu tun, dass dieses Argument in Deutschland immer zieht.

Und Hans-Werner Sinn, der oberste Kampagnero? Der rudert in bekannter Manier bereits wieder zurück und verschiebt die Torpfosten. Im Handelsblatt der vergangenen Woche findet sich ein langer Beitrag von ihm zum Thema ABS. In den ersten drei Absätzen versucht er noch halbherzig, seine These von den Bilanzrisiken zu retten, um dann ein völlig neues Argument einzuführen.

Das Problem liegt freilich nicht nur in den Ausfällen an sich, sondern in den politischen Folgewirkungen.

Mag sein, aber davon war bisher nicht die Rede. Es ist ein Muster, dass ich Sinn – den ich übrigens ansonsten auch schätze – von der Basarökonomie bis zur Target-Debatte immer wieder vorgeworfen habe: Wenn die Gegenseite ein Argument eingerissen hat, wird flugs ein neues aus der Tasche gezogen und von der ursprünglichen Behauptung bleibt am Ende nicht mehr viel übrig, ohne dass man eine Niederlage eingestehen musste.

Manchmal erinnert mich die ABS-Debatte an die Debatte über die Staatsanleihekäufe der EZB unter Trichet. Da hieß es auch, das gehe einher mit Milliardenverlusten für die Steuerzahler. Bis jetzt erwirtschaftet die Notenbank mit diesen Papieren Jahr für Jahr Milliardengewinne.