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Was erlauben Bund?

 

Vielleicht gelingt Bill Gross gerade der Coup seines Lebens. Als der zuletzt etwas glücklose Anleihekönig vor ein paar Tagen mit der Aussage an den Markt ging, er setze auf einen Anstieg der deutschen Anleiherenditen (the short of a lifetime), hat man ihn ausgelacht. Angesichts des milliardenschweren Ankaufsprogramms der EZB prognostizieren die meisten Zinsstrategen weiter sinkende Renditen und damit steigende Kurse.

Dem Markt aber scheint das egal zu sein.

Grafik: Rendite 10-jähriger Bunds, tägl.

Die Rendite auf zehnjährige deutsche Anleihen ist in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen und liegt derzeit wieder über einem halben Prozent – und weil dieses Papier der wichtigste Taktgeber für das längerfristige Zinsniveau ist, haben sich zum Beispiel auch Immobilienkredite verteuert.

Die Ursache liegt auf der Hand: Die Wirtschaft im Währungsraum stabilisiert sich, die Inflation dürfte in den kommenden Monaten wieder steigen und die Deflationsängste verflüchtigen sich. Damit wird es immer unwahrscheinlicher, dass die EZB ihr Ankaufprogramm noch einmal verlängert und vielleicht steigt sie sogar vorzeitig aus. Das drückt tendenziell die Nachfrage nach bereits umlaufenden Anleihen.

Mein Gefühl sagt mir, dass wir tatsächlich den Tiefpunkt in der Zinsentwicklung gesehen haben könnten, aber wissen tue ich es genau so wenig wie die meisten Analysten, die jeden Tag darüber schreiben.

Interessant aber sind die Begrifflichkeiten in der Debatte, die jetzt gerade anfängt. Da ist dann zum Beispiel davon die Rede, dass Gross „gegen Deutschland wettet“ und die große „Bond-Blase“ platzt. Das suggeriert dem naiven Leser, dass jetzt also offenbar wird, was die EZB mit ihrer Geldschwemme alles angerichtet hat. Und von Martin Armstrong war überhaupt noch nicht die Rede.

Dabei passiert genau das, was passieren soll: Die Notenbank öffnet die Schleusen, um die Wirtschaft anzukurbeln, und wenn das geschafft ist, werden die Schleusen wieder geschlossen. Was sich am Anleihemarkt beobachten lässt, ist nicht das Platzen einer Blase, sondern Geldpolitik nach dem Lehrbuch.

Es ist eine der gängigsten Argumentationstechniken marktgläubiger Ökonomen, alles, was irgendwie mit politischer Intervention zu tun hat, als Blase zu bezeichnen und damit zu desavouieren. Seriös ist das nicht. Mit Martin Kippenberger könnte man sagen: Ich kann beim besten Willen keine Anleiheblase erkennen. Oder noch anders formuliert: Was alle bubble nennen, ist in Wahrheit policy, denn es ist ja gerade das Ziel einer Notenbank, auf den Marktzins dergestalt Einfluss zu nehmen, dass er sich im Einklang mit den gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen befindet.

Ach so, fast hätte ich es vergessen: Was die EZB macht, kann ja nicht funktionieren.