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Die Volkswagenkrise – ein Makro-Event?

 

Es kommt nicht oft vor, dass das Schicksal eines Unternehmens Konsequenzen für ein ganzes Land hat  – im Fall von Volkswagen könnte es aber so kommen. Der Wolfsburger Konzern ist am Umsatz gemessen das größte deutsche Unternehmen und von erheblicher Bedeutung für die Wirtschaft. Dazu Holger Sandte von Nordea:

Im vergangenen Jahr hat der VW-Konzern in Deutschland 2,6 Millionen Autos produziert, das waren 46% aller im Inland hergestellten Autos. Die Produktion von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen hat einen Anteil 21% an der gesamten industriellen Wertschöpfung. Die Industrie wiederum (ohne die Bauwirtschaft) hat einen Anteil von 26% an der gesamten Wertschöpfung.

Wenn der Absatz von Volkswagen wegen der Dieselkrise um zehn Prozent einbricht, würde das das deutsche Bruttoinlandsprodukt um 0,25 Prozent oder 7,5 Milliarden Euro reduzieren. Dabei sind mögliche Einbußen bei Zulieferbetrieben noch nicht einmal berücksichtigt. Wobei anderseits eine Rückrufaktion sich rechnerisch positiv auf das BIP auswirken würde.

Inzwischen gibt es auch genauere Schätzungen zu den Steuerausfällen. VW hat im vergangenen Jahr ausweislich Geschäftsbericht im Inland 2,07 Milliarden Euro und im Ausland 1,56 Milliarden Euro an Steuern bezahlt bei einem operativen Konzerngewinn von 12,7 Milliarden Euro. Der durchschnittliche Steuersatz liegt bei 29,8 Prozent.

Wenn man die Rückstellungen in Höhe von 6,5 Milliarden Euro abzieht und etwa im Verhältnis von 60:40 auf Inland und Ausland aufteilt, kommt man im Inland auf Steuermindereinnahmen von etwa einer Milliarde Euro für alle staatlichen Ebenen. Insofern war meine erste grobe Schätzung etwas zu grob.

Wenn sich Gerüchte bewahrheiten, dass der Konzern wegen der zu erwartenden Strafzahlungen und Klagen über Jahre hinweg keinen Gewinn mehr ausweisen könnte, dann würde sich das  durchaus bemerkbar machen. Die Stadt Wolfsburg jedenfalls hat bereits eine Haushaltssperre erlassen.

Update: Ein interessanter Einwand in den Kommentaren: Strafzahlungen fließen einem anderen Wirtschaftsakteur zu – dem Staat oder den Verbrauchern. Damit sind sie Einkommen, dass ausgegeben werden kann. Das ist ein wichtiger Punkt. In der Gesamtbetrachtung wäre also wichtig, in welchem Land die Zahlungen anfallen und wie die Ausgabenquote der Empfänger im Vergleich zu VW ist. Davon unberührt sind aber Produktionseinbußen, die dadurch entstehen, dass die Verbraucher weniger VW kaufen, wobei hier implizit vorausgesetzt ist, dass sie statt dessen ein ausländisches Fahrzeug kaufen.